Kommentar Konjunkturpaket: Geschenke für die Falschen
Das Konjunktur entlastet vor allem die, die es nicht so arg nötig haben: die Gutverdiener und Unternehmer.
Auf den ersten Blick klingt vieles gut am Konjunkturpaket. Wer freut sich nicht über niedrigere Steuern und Krankenkassenbeiträge, Geld für Schulrenovierungen oder Sonderzahlungen für Kinder? Doch bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass sich bei fast allen entscheidenden Punkten die Union durchgesetzt hat - und Geschenke an ihre Klientel verteilt.
Besonders deutlich wird dies bei den geplanten Steuersenkungen. Hatten die Sozialdemokraten ursprünglich darauf gedrängt, Entlastungen bei niedrigen Einkommen über eine Erhöhung der Reichensteuer gegenzufinanzieren, passiert nun das Gegenteil: Der Grundfreibetrag, von dem alle Einkommen gleichmäßig profitieren, wird zunächst weniger stark erhöht als ursprünglich geplant. Gleichzeitig wird die Steuerkurve so verschoben, dass Spitzenverdiener besonders stark entlastet werden.
Ähnlich ist der Effekt bei den Krankenversicherungsbeiträgen. Diese sinken nicht nur weniger stark als zuvor diskutiert. Weil vom Rabatt zudem die Hälfte an die Arbeitgeber geht, bleibt es für viele Versicherte dabei, dass sie mehr zahlen als im Vorjahr. Und auch die Neuwagen-Prämie nützt eher Menschen mit hohen Einkommen.
Diese Umschichtung des Konjunkturpakets zugunsten von Gutverdienern und Unternehmen ist nicht nur ungerecht, sie ist auch wirtschaftlich nicht hilfreich. Denn während Menschen mit wenig Geld jeden zusätzlichen Euro tatsächlich ausgeben und damit die Konjunktur stärken, sparen Besserverdienende einen deutlich größeren Teil ihres Geldes.
Besonders bedenklich ist allerdings die langfristige Wirkung dieses Pakets: Während die - politisch und ökonomisch - sinnvollen Maßnahmen wie Schulsanierungen und Kinderzuschläge nur einmal anfallen, bleiben die Steuergeschenke auf Dauer bestehen. Die Einnahmeausfälle, die sich daraus zwangsläufig ergeben, werden in Kombination mit der ebenfalls beschlossenen "Schuldenbremse" in der Zukunft zu neuen Sparhaushalten führen. Und wie negativ sich eine Politik der leeren Kassen auswirkt - für die Sozialbedürftigen ebenso wie fürs Bildungssystem und damit auch den Standort - haben wir ja lange genug erlebt.
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