Kommentar Klimanlagen im ICE: Die Bahn der Bosse
Auch in heißeren Ländern fahren Züge, ohne dass man Angst um seine Gesundheit haben müsste. Die Dauerpanne der Bahn ist systembedingt, ihre Urväter heißen Schröder und Mehdorn.
B ei der Bahn brennen immer mehr Sicherungen durch: Die kollabierenden Klimaanlagen werden garantiert nicht das letzte technische Problem sein, mit denen sich die Fahrgäste konfrontiert sehen.
Denn die Bahn spart seit Jahren an Pflege und Wartung. Eine Zeit lang geht das bei hochwertigem technischen Material gut. Doch irgendwann rächt sich die Schlamperei: Die Probleme verstärken sich gegenseitig, das Versäumte ist jetzt kaum mehr nachzuholen. Kritiker des geplanten Börsengangs hatten genau diese Entwicklung immer prognostiziert: Um kurzfristig gute Zahlen zu präsentieren, hatte der DB-Vorstand die Kontrollintervalle immer weiter verlängert und einzelne Reparaturen sogar bis zum Anschlag hinausgezögert.
Das Management reagiert, wie es immer reagiert hat: Egal ob Achsbrüche, versagende Bremsen oder ausfallende Kühlung - erst einmal wird abgewiegelt. Bedauerliche Einzelfälle, man werde alles genau prüfen - so lauten die Textbausteine, welche die Pressestelle in diesen Situationen herausgibt. Anschließend versucht die Bahn die Verantwortung auf die Lieferanten zu schieben. Doch zum einen ist von massenhaften Ausfällen der Kühlung in früheren Hitzeperioden nichts bekannt. Zum Zweiten liegt es am Auftraggeber, wenn die Klimaanlagen nur für 32 Grad ausgelegt sind. Schließlich fahren in heißeren Ländern auch regelmäßig Züge, ohne dass die Reisenden in der Zwangssauna Angst um ihre Gesundheit haben müssen.
Als besonders dreist erweisen sich in dieser Situation die Sozialdemokraten. Ausgerechnet sie wollen jetzt auf den Zug der öffentlichen Empörung aufspringen und fordern einen Untersuchungsausschuss. Dabei war es doch ihr Genosse Gerhard Schröder, der den börsengangfixierten Bahnchef Hartmut Mehdorn installierte und immer wieder verteidigte. Der hat die Lasten in die Zukunft verschoben - und diese Zukunft ist nun zur Gegenwart geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten