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Kommentar KlimaaktionstagMühsamer Kampf ums Klima

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Nur wenige Menschen wurden am Klimaaktionstag tatsächlich aktiv. Und dennoch gibt es einige ermutigende Signale.

R und 10.000 Menschen haben in Deutschland für mehr Klimaschutz demonstriert: Das "kraftvolle Signal nach Bali", auf das viele Umweltverbände gehofft haben, waren die Proteste am Samstag sicher nicht. Trotz der großen medialen Präsenz des Themas und trotz des breiten Bündnisses, das aufgerufen hatte, wurden nur wenig Menschen tatsächlich aktiv.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Ökologie und Wirtschaft bei der taz.

Woher kommt diese Gleichgültigkeit? Offenbar haben viele Menschen das Gefühl, dass die Politik sich schon ausreichend ums Klima kümmert. Oder dass sie mit ihrem Mitgliedsbeitrag an einen Umweltverband genug für den Klimaschutz tun. Anderen erscheinen die Forderungen möglicherweise zu zahm oder die Adressaten zu unklar. Zudem stellt die Forderung nach wirksamem Klimaschutz immer auch den eigenen Lebensstil in Frage - und das macht niemand gern.

Ist die "neue Umweltbewegung", von der im Vorfeld des Aktionstags die Rede war, also schon gescheitert, bevor sie richtig angefangen hat? Für ein solches Urteil ist es zu früh. Denn es gibt auch ermutigende Signale. Überall dort, wo es einen sichtbaren Gegner gibt, haben die Proteste regen Zulauf. Gegen die Flughafenerweiterung in München gelang die Mobilisierung zu einer kämpferischen Demonstration ebenso wie gegen das neue Braunkohlekraftwerk in Neurath. Wie an anderen Bauplätzen entsteht dort tatsächlich eine neue Generation von Bürgerinitiativen, erreichen die Verbände junge Menschen.

Wenn vom Klimaaktionstag ein Signal ausgeht, dann vor allem an die Umweltszene selbst. Die Klimafrage, das zeigt sich immer mehr, ist kein Wettstreit ums bessere Argument, sondern eine Machtfrage. Von allein werden Energiekonzerne, Autohersteller und Fluggesellschaften nicht klimafreundlicher. Und von der Politik werden sie durch erfolgreiche Lobbyarbeit bisher verschont.

Das ändert sich nicht durch symbolische Aktionen, politische Hintergrundgespräche oder fragwürdige Kooperationen, sondern durch klare Forderungen an die umweltzerstörenden Gegner. Und durch die Botschaft, dass jeder Einzelne aktiv werden muss: als kritischer Konsument, als Wähler und eben auch als Demonstrant.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

2 Kommentare

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  • CN
    Christian Neugebauer

    Klimaschutzbewegung - wo ist die Bewegung?

     

    Die Kräfte wurden gebündelt und man vereinte sich mit dem Boulevard, um Nachhaltigkeit und Klimaschutz voranzubringen. Man ist gescheitert und streitet sich nun um Marginalien statt sich um seine eigene Legitimität zu kümmern.

     

    Wie auf Glocalist Daily News berichtet (sh. Bericht >>http://www.glocalist.com/index.php?id=20&tx_ttnews[tt_news]

    =2669&tx_ttnews[cat]=4&cHash=58e502a02a ) hat Deutschland (und teilweise Österreich) zivilgesellschaftliche Anstrengungen mit den Aktionen "Licht Aus" und "Licht An" gesetzt. Erstere mit Unterstützung des "Boulevardpresse", zweitere mit Unterstützung der "Basis". Beide Aktionen darf man als Flop erachten.

     

    Statt sich nach den Gründen für diese mangelhafte Mobilisierung zu fragen, ist man mit eher kleinlichen wechselseitigen Vorwürfen und einem Jahrmarkt der Eitelkeiten konfrontiert - wer ist der/die bessere KlimaschützerIn.

     

    Das geneigte Publikum wendet sich ab und stimmt gnadenlos ab: Es werden weder Lichter an, noch ausgedreht; man ignoriert den kafkaesken Aktionismus. Hier wurde der/die BürgerIn dumm und oberflächlich angesprochen und das wurde nicht goutiert.

     

    Die Lektionen daraus können folgende sein: Der dümmst anzunehmende BürgerIn existiert nur in den Marketingabteilungen, zweitens, der/die engagierte BürgerIn läßt sich nicht alles reindrücken, drittens, es fehlt an glaubwürdigen Personen, die das Thema auch entsprechend tragen und emotionalisieren können: Menschen identifizieren sich mit Menschen und nicht mit Logos. Stattdessen hat man viele, wenig bekannte wie selbsternannte Häuptlinge und wenig Indianer. Die "Basis" wird nur beschworen und man schwingt sich rasch als deren SprecherIn auf, ohne aber wirklich die Basis verorten zu können noch tatsächlich ihr die Möglichkeit der Mitbestimmung anzubieten (so hätte man ja im Vorfeld der Aktionen beispielsweise eine Abstimmung machen können, soll man "Licht Aus" oder "Licht An" durchführen, mit oder ohne BILD & Co. oder ganz was anderes). Tatsächlich entscheiden etwas abgehobene FunktionärInnen: Hier haben NGOs ein deutliches Transparenz- und Demokratiedefizt, was auch bestraft wird. Sprich es geht um Legitimität und "Governance" und Reanimataion der "Basis", die vieler Orten gar nicht mehr organisiert und kampagnenfähig existiert. Viertens, die Boulevardpresse ist auch nicht mehr das, was sie einmal war, wenn sie denn es jemals war. Auch hier scheint ein gut geplegtes potemkinsches Dorf einzustürzen. Man wird daher gut beraten sein, sich nicht mehr nur den "großen" Medien anzubiedern, sondern besser mit den vielen, kleinen unabhängigen Medien auch zu reden. Dies ist zwar mühsamer, weil viele, aber erscheint erfolgsversprechender, da diese noch über Inhalte und glaubwürdige LeserInnenbindungen verfügen. Grundsätzlich kann man ja solche Kampagnen mit BILD & Co machen, aber nicht mehr nur und ausschließlich.

     

    Statt einer Debatte, ob man nun mit BILD darf oder nicht, die aufgrund des Flops eigentlich überflüssig erscheint, denn der Kaiser steht ohne Kleider da, sollte man eine grundsätzliche Debatte entlang der oben formulierten Fragen führen; hier liegen die eigentlichen Herausforderungen.

  • PG
    Peter Gabriel

    Ich bin nicht gleichgültig. Im Gegenteil.

    Die zentralen Aktionsorte sind mir nur zu weit weg.

    Ich bin EU Rentner und habe für die Reisen dorthin kein Geld.

    That´s it.