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Kommentar KitaplätzeEine kleine Kulturrevolution

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

813.000 öffentlich geförderte Betreuungsplätze für unter Dreijährige soll es geben. Nun feiern sich alle selbst. Die Qualitätsfrage bleibt unbeantwortet.

E s wirkt ein bisschen wie eine der Spendensammelaktionen im Fernsehen, bei denen eine wachsende Summe eingeblendet wird, um die Unterstützung für eine gute Sache zu demonstrieren, und alle dazu Beifall klatschen: Nun also 813.000!

Das ist die Zahl der öffentlich geförderten Betreuungsplätze für unter dreijährige Kinder, die demnächst zur Verfügung stehen. Familienministerin Schröder (CDU) lobt die Kommunen, und diese loben sich selbst – eine gigantische Aufgabe sei damit fast erledigt, so der Tenor.

Fast alle Eltern von Kleinstkindern, die ihren Nachwuchs öffentlich betreuen lassen wollen, finden angeblich einen Platz. Aber das Zahlenspiel kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frage der Betreuung von Ein- und Zweijährigen viel mehr ist als nur ein Zahlenproblem.

Bild: Jutta Henglein-Bildau
Barbara Dribbusch

ist Inlandsredakteurin der taz.

Denn die Qualitätsfrage in den Kitas, die Frage, ob die Tagesstätten gut erreichbar sind, ob es genug BetreuerInnen gibt, um den Kleinstkindern genug Körperkontakt und Wärme zukommen zu lassen – also genau die Fragen, die Eltern umtreiben, werden durch Zahlentabellen nicht beantwortet.

Man darf nicht vergessen, dass der Kitaausbau eben auch eine gesellschaftliche Verschiebung der Familienarbeit bedeutet: Die Familienarbeit mit den Kleinstkindern wandert vom Privaten in den öffentlichen Raum, in dem man eher spart als großzügig ausgibt. Die Mütter vor allem werden damit verfügbarer für die Privatwirtschaft, der es an Arbeitskräften mangelt. Das ist eine kleine Kulturrevolution, in die übrigens auch die Reformen des Unterhaltsrechts passen, die eine wirtschaftliche Eigenständigkeit der Partner betonen.

Aber wie gut die Kleinstkinder berufstätiger Mütter und Väter wirklich umsorgt sind, könnte sich damit zu einer neuen sozialen Frage entwickeln. Dann nämlich, wenn dem quantitativen Ausbau von Betreuungsplätzen eine qualitative Verschlechterung folgt, wie es in mit Fachkräften dünn besetzten Kitas jetzt schon droht. Dann, wenn Betuchte ihren Nachwuchs im Knuddelalter lieber von privat bezahlten Tagesmüttern körpernah durch die Gegend tragen lassen, als sie dem groben Betreuungsschlüssel der öffentlichen Kitas anzuvertrauen.

Vor allem aber: Der Kitaausbau kann immer nur ein Baustein sein zur Vereinbarkeit von Kleinkind und Beruf. Am Ende muss die Wahlfreiheit erhalten bleiben für den persönlichen Mix aus Eigen- und Fremdbetreuung.

Das ist nicht nur eine Frage der Kitaplätze und deren Ausgestaltung, sondern auch der Arbeitszeiten, der Gehälter, der Rückkehrmöglichkeiten in den Job.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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6 Kommentare

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  • W
    Weitsicht

    Frau Dribbusch,

     

    schreiben Sie mal darüber etwas, was die rot-grüne Regierung unter Schröder für die Betreuungsplätze so geleistet hat!

     

    Setzen Sechs!

     

    Typisch TAZ-Geschwurbel eben...

  • H
    Helga

    Bizarrer Beitrag - "30 % Frauen sollen in die Vorstände einziehen". Auch dabei bleibt die Qualitätsfrage leider unbeantwortet. Warum stellt die taz hier die Frage nach der Qualität?

     

    Linker Journalismus ist wichtig - aber die taz ist vom Niveau her einfach nur noch peinlich. Das kommt davon, wenn man Hungerlöhne zahlt.

  • S
    steffen

    Ich komme mir immer mehr vor wie in meiner alten Heimat DDR. Da war es auch besonders wichtig das die "Brut" schnell in Staatlicher Obhut kommt und Mutti dem Produktionsprozess wieder zur Verfügung steht.

    Meine Mutter bereut es heute zutiefst, da wir unsere Kindheit mehr oder weniger ohne Eltern(den Vater hat man noch seltener gesehen) verbracht haben, da durchgängig vom Staat betreut.

    Immerhin gab es dort den Haushaltstag, damit Mutter einmal im Monat einen Tag zu Hause bleiben konnte.

    Statt aber das Familienleben zu fördern(damit sollte dann auch Frau/Frau und Mann/Mann Kind gemeint sein) dreht sich alles um die Trennung von Eltern --> Kinder und NUR um...Markt Markt Markt und den Bedürfnissen der Konzerne/des Staates....

     

    Der Mensch zählt nichts das Kollektiv ALLES...wie in der alten DDR.

  • W
    Wolfgang

    Zu: @ "jen", 05:28 Uhr

     

    Wir brauchen Gemeineigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln in Deutschland und EU-Europa!

     

    Meine Anmerkungen zu ihren Ausführungen.

     

    Ihre Ausführungen belegen, das bisherige Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ist durch die Entwicklung der Produktivität der Produktivkräfte überholt. Bei der Verteilung der Arbeit, - Arbeitszeit und Einkommen -, müssen wir die reale Wertschöpfung und Mehrwertschöpfung, - aus der wissenschaftlich-technischen Entwicklung der Produktivität der Produktivkräfte -, berücksichtigen.

     

    Hieraus ergibt sich eine Absenkung der Arbeitszeit, bei gleichzeitiger Erhöhung des (persönlichen) Anteils aus der (wissenschaftlich-technischen und produktiven) Wertschöpfung. Diese Umverteilung, von oben nach unten, die sich aus der realen wissenschaftlich und technischen Entwicklung der Produktivkräfte und deren Produktivität der letzten Jahrzehnte ergibt, ist in der bestehenden bundesdeutschen und analogen europäischen Gesellschaftsordnung, - auf der Grundlage des Privateigentums an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln -, nicht mehr möglich.

     

    Um den sozialökonomischen Bedürfnissen der Menschen, - der großen Mehrheit der werktätigen Bevölkerung in Deutschland und EU-Europa -, gerecht zu werden, bedarf es (gesamtgesellschaftliches) "Gemeineigentum", Gemeineigentum an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln. -

     

    Dies beinhaltet eine sozial-ökonomisch-ökologische Umwälzung der bestehenden Produktions- und Eigentumsverhältnisse, eine tatsächliche Emanzipation der Gesellschaft, eine emanzipatorische Aufhebung der bisherigen (noch bestehenden) bürgerlichen Gesellschaftsordnung in Deutschland und der Europäischen Union.

  • J
    jen

    Die Mütter vor allem werden damit verfügbarer für die Privatwirtschaft, der es an Arbeitskräften mangelt. Das ist eine kleine Kulturrevolution, in die übrigens auch die Reformen des Unterhaltsrechts passen, die eine wirtschaftliche Eigenständigkeit der Partner betonen. ----------

     

    Mein Senf dazu, als jemand, der in einer Gegend lebt, wo 35% aller Beschäftigungsverhältnisse nur noch Minijobs sind, sowie insg. 45% aller Frauen in eben solchen nur arbeiten, weil die Gegend vor allem nur Jobs in Tourismus, pflege und handel bietet:

     

    In DE geht man davon aus, dass sich jedes Angebot seine Nachfrage (der Arbeitgeber nach Arbeitskraft) automatisch selbst bildet, wenn man nur das Angebot (Frauen im Arbeitsmarkt) erhöht.

     

    einige Hinweise dazu: 1. schon heute ist es nicht möglich, dass jede Person Vollzeit arbeitet. DE hat das zweitniedrigste Arbeitsvolumen der Ind.Länder. Es sinkt seit den 1960er Jahren. Automation, Technischer fortschritt, Prod.gewinne sorgen dafür.

     

    2. Es gibt auch in DE ein absolutes Überangebot an Erwerbspersonenpotential und Erwerbstätigen. In der Engpassanlayse der ARGE kann man klar sehen, dass es in ca. 90% aller Berufe einen absoluten Fachkräfteüberschuss gibt. Es gibt keinen Fachkräftemangel in DE. Selbst der Staat baut sich immer mehr zurück dank Schuldenbremsen.

     

    3. selbst wenn Frauen Vollzeit arbeiten könnten, wird in vielen Regionen kein Bedarf daran sein. Noch nie war das Erwerbspersonenpotential so groß wie jetzt. Es besteht aber nur Nachfrage nach Minijobs etc. Viele Fachkräfte werden nicht gebraucht. Würden alle versuchen Vollzeit zu arbeiten, so wären ca. 13 Mio. Arbeitskräfte in DE offiziell arbeitslos. Das Arbeitsvolumen wird auf immer mehr Köpfe verteilt bei sinkender Arbeitszeit. Allein durch Prod.gewinne werden in der Automobilindustrie in den nächsten ca 15. Jahren prognostiziert 100 000 Menschen weniger benötigt. Auch DL können automatisiert werden.

     

    4. Skandinavien erkauft sich eine hohe Frauenerwerbstätigkeit mit höherer Jugendarbeitslosigkeit, genau wie Frankreich. Abgesehen davon, dass diese auch in DE in Wirklichkeit höher ist (statistische Manipulation). Das Arbeitskräfteangebot lässt sich nicht beliebig vergrößern, so dass alle dann noch Arbeit finden

     

    5. Die Erosion sv-pflichtiger Arbeitsverhältnisse und das Outsourcen in den Minijob und Niedriglohnsektor, selbst für Ausbildungsberufe. Daran ändert sich gar nichts. Dann haben viele halt nachher 2-3 Minijobs und lassen die Kinder betreuen.

     

    6. Skandinavien kann nur deshalb so viele Frauen in Arbeit bringen, weil diese vor allem im öffentlichen Sektor arbeiten, der dort sehhr groß ist und 1/3 der Arbeitnehmer (inkl. Pflege) absorbiert. Wenn man dort nicht so viel in den ÖD investieren würde, so wären auch mehr Frauen ohne Arbeit. Skandinavien räumt mit dem ÖD den Arbeitsmarkt, sonst gäbe es keine hohen Beschäftigungsqupoten. Andere wie Holland erreichen die nur über hohe Teilzeitquoten.

     

    7. nach einer wissenschaftlichen Studie bekommen europaweit die meisten Kinder, Frauen die nur Teilzeit im ÖD arbeiten. Am wenigsten Kinder haben Frauen die Vollzeit im priv. Sektor arbeiten. Das gilt für Frankreich, Skandinavien, Italien und viele andere.

     

    8. selbst mit Vollzeittätigkeit werden FRauen nie die Gehälter von Männern erreichen und zu großen Teilen in Altersarmut fallen. Für viele Frauen lohnt Vollzeit nicht. Da kann man sich dann lieber Zeit für Familie nehmen.

     

    9. es wird auch nicht ein Kind mehr geboren, nur weil es Krippenplätze gibt. Es gibt viel mehr Gründe, warum es wenige Kinder gibt.

     

    10. bei zweifelhafter Qualität von Krippe und Kita, wird deren Bildungsauftrag bei weitem überschätzt. Die eigentlich immer genannte Zielgruppe türkischer Mütter wird auch weiterhin Hausfrau bleiben und die Kinder bevorzugt zu Hause betreuen, einfach weil es kulturelle Differenzen sind. Der Status Hausfrau und Mutter hat dort einen ganz anderen Stellenwert. Auch eine Mitarbeit ist weit seltener gewünscht.

     

    DE überschätzt den Kitaausbau. Weder entstehen dadurch mehr Beschäftigungsverhältnisse bei Frauen, noch erhalten die dann viel mehr Rente. Es gibt auch keinen flächendeckenden Fachkräftemangel in DE, außer bei Billigarbeitern, ich habe selbst mit der ARGE Auslandsvermittlung telefoniert und mich erkundigt dazu. Welche Frau will Fleischer werden für 3,77 Euro Brutto wie in SH?

     

    viele Regionen bieten Minijobs (auf dem Lande) wo Frauen noch die meisten Kinder bekommen,weil einfach kein Bedarf an Mehr Arbeit ist.

     

    auch in Zukunft wird immer mehr Beschäftigungsaufbau in McJobs vonstatten gehen. Normalarbeitsverhältnisse erodieren und das ist seit dem Jahr 2000 so.

     

    und mit dem demographischen Wandel verschwinden auch Beschäftigungsverhältnisse, es ist gar nicht gesagt, dass es irgendwann künftig einen Mangel geben wird. 1. weil der Staat zurückgebaut wird, ebenso an Arbeitsgelegenheiten (Schuldenbremsen etc.). 2. wg. Automation und Prod.fortschritt, 3. weil Kaufkraft bei vielen fehlen wird, 4. weil die Industrie die Nähe zu außereurop. Absatzmärkten verstärkt suchen könnte.

     

    über welchen Zeitraum redet man da? Nach 2030? Jetzt ist 2013.

  • R
    Reiner

    Würde mann-frau die Bedürfnisse der Kinder berücksichtigen, was im spezial- und christdemokratischen Germanya nicht geschieht, entsprechend würde sich der Stellen- und Personalschlüssel ändern, es würden mehr als 400.000 Betreuungsplätze fehlen.

     

    Aufwachen, immer noch brave Papas und Muttis!