Kommentar Kita-Streik: Im Schatten des schlechten Gewissens

Der aktuelle Kita-Streik ist berechtigt. Ohne eine Aufwertung der schweren Erziehungsarbeit an den Jüngsten sind alle Papiere über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Makulatur.

Mit den Kitas halten wir es ähnlich wie mit der Müllabfuhr: Alle wissen, die Arbeit ist für die Gesellschaft unverzichtbar, aber richtiges Geld wollen wir dafür ungern zahlen. Daher erkennen wir die Leistung der Kita-ErzieherInnen einfach nicht an, wir behandeln sie nicht selten wie Dreck.

Der aktuelle Kita-Streik ist berechtigt. Es geht um Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit weniger schädigen. Ohne eine Aufwertung der schweren Erziehungsarbeit an den Jüngsten sind alle Papiere über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Makulatur. Es ist kein Zufall, dass Unternehmen mittlerweile mit ihren Betriebskitas werben. Auch bei der Integration von Migrationsfamilien leisten die Kitas viel.

Dennoch fehlt es, mal abgesehen von Sonntagsreden, an gesellschaftlichem Einsatz für die Kitas - es mangelt an Respekt für die Arbeit und an Geld. Wer auch nur mal einen Tag in einer Kita mit jungen Kindern zugebracht hat, weiß, was für eine anspruchsvolle, anstrengende und auch nervige Arbeit die ErzieherInnen tagtäglich leisten, und zwar oft über Jahrzehnte. Dass hier eine wichtige Baustelle der Gesellschaft seit Jahren de facto ruht, wird gern verdrängt. Im anderen Fall wären ja Anstrengung und mehr Investitionen in die Kitas nötig.

Diese Erkenntnis aber reift für die meisten - und auch für die im alternativen Kinderladenmilieu der grünen Frühzeit Sozialisierten - erst, wenn die eigenen Kinder in der Kita landen. Es ist, als herrsche ein schlechtes Gewissen über die eigene Verdrängung. Als schaue die Gesellschaft am Ende ungern auf das Problemknäuel Kita - weil sonst ja das Defizit an Engagement dort unübersehbar würde.

Nötig ist neben einer angemessenen Bezahlung der ErzieherInnen vor allem eine bessere, eine akademische Ausbildung für diesen Beruf - zum einen, weil damit das Sozialrenommee, die Bezahlung und die Zahl der Männer in diesem Beruf steigen könnten. Zum anderen, weil die Anforderungen an die ErzieherInnen immer größer werden in einer Welt, in der sich die Familien-, Kultur- und Medienhintergründe weit auseinanderentwickelt haben. Kitas müssen uns lieb und teuer werden.

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