Kommentar Kinderbetreuung: Kitas schlecht und voll
Deutschlands Kitas sind eher schlecht, wie aus der nationalen Betreuungsstudie hervorgeht. Die Bildung der Kinder bleibt auf der Strecke – schlicht weil Kitaplätze fehlen.
F alls Sie dachten, wir hätten kein größeres Problem, als Milliarden in das Betreuungsgeld zu stecken oder Mütterrenten zu verbessern – ein Blick in die Nationale Betreuungsstudie bringt Sie zurück auf den Boden der Tatsachen.
Die Renten der Mütter gehören so oder so aufgestockt, da braucht es keine Kopplung mit den Investitionen in die Kinderbetreuung. Aber die Debatte über das Betreuungsgeld findet – gemessen an dem, was Kinder in Deutschland laut dieser Studie brauchen – in einem Paralleluniversum statt.
Die Untersuchung enthüllt, wovor viele PädagogInnen schon länger warnen: Ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ist prima – aber der bundesweit forcierte Kitaausbau ist derart unterfinanziert, dass er auf Kosten der Betreuungsqualität geht. Zu große Gruppen, ErzieherInnen, die für die Kleinkindpädagogik nicht ausgebildet sind, keine Qualitätskontrolle.
ist Inlandsredakteurin der taz.
Zwar bekommen wir 2013 wohl den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, aber ein Recht auf einen schlechten Betreuungsplatz ist nichts wert. Denn Eltern werden die unterausgestatteten Kitas meiden und sich weiterhin auf den Wartelisten der besseren Einrichtungen auf die Füße treten. Mit anderen Worten: Der Betreuungsausbau fährt vor die Wand. Und unsere Regierung streitet stattdessen über die Subvention von Hausfrauen.
So sieht die Zukunft im emanzipierten Deutschland aus: Es gibt zu wenige Plätze in zu schlechten Kitas. Eltern zögern zu Recht, ihrem Kind den ganzen Tag diesen Stress anzutun. Und wer sich die Kitagebühren von beispielsweise 250 Euro spart und dafür noch 150 Euro Betreuungsgeld erhält, sitzt mit immerhin 400 Euro Daheimbleibeprämie zu Haus, wo das Kind allein vor sich hinspielt. Willkommen in der Bildungsrepublik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal