Kommentar Karstadt: Mitarbeiter haften für ihre Manager
Mehr Mitbestimmung der Belegschaft hätte die Pleite bei Karstadt und Quelle wohl verhindert.
Q uelle ist Geschichte. Nach der gescheiterten Investorensuche war das Ende des Traditionsversandhauses "unvermeidlich", betont der Insolvenzverwalter der Konzernmutter Arcandor. Hoffnung macht der Jurist dagegen den über 26.000 Beschäftigten der Arcandor-Tochter Karstadt: Eine Zerschlagung des Warenhauskonzerns will er unbedingt verhindern - und hofft auf einen Investor, der Karstadt komplett übernimmt. Den muss er erst noch finden.
Die Hauptlast des harten Sanierungskurses, mit dem der Insolvenzverwalter Karstadt retten will, werden die Beschäftigten tragen müssen. Sechs Filialen schließen noch in diesem Jahr, elf weitere Häuser stehen auf der Kippe. Die restlichen Standorte können nur deshalb weiter hoffen, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder einmal auf tariflich zugesicherte Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten: Mit über 150 Millionen Euro stützen sie ihr Unternehmen.
Dabei tragen die Beschäftigten am Arcandor-Debakel kaum Mitschuld: Der Exvorstandsvorsitzende Thomas Middelhoff hatte die Immobilien, in denen Karstadt seine Warenhäuser betreibt, an ein Konsortium verkauft, an dem er selbst beteiligt sein soll - und das die Filialen mit überhöhten Mieten in den Konkurs trieb. Gegen ihn ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Untreue. Middelhoffs Nachfolger Karl-Gerhard Eick kassierte für die sechs Monate, in den er Arcandor abwickelte, 15 Millionen Euro. Die Gier kannte keine Grenzen.
Diese Exzesse der Manager und das jahrelange Missmanagement, das Arcandor erst in die Pleite trieb, hätten nur durch mehr Mitbestimmungsrechte der Belegschaft verhindert werden können. Einflussreiche Gewerkschaften hätten für den nötigen Druck auf die Politik sorgen können - eine Politik, die dem Schicksal Karstadts merkwürdig teilnahmslos gegenübersteht, der drohenden Verödung ganzer Innenstädte zum Trotz.
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