Kommentar Kanzlersuche SPD: Die Schwäche Peer Steinbrück
Die SPD freut sich, dass sich jemand für ihren Kanzlerkandidaten interessiert. Doch Gabriel, Steinbrück und Steinmeier haben keinen Trumpf gegen Merkel in der Hand.
W er wird Merkels Herausforderer? Gabriel? Steinbrück? Steinmeier? Die SPD hält sich bedeckt und freut sich, dass sich ein Teil des Landes neuerdings wieder für die Frage des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten interessiert. Der Haken an der Sache: Alle drei teilen das Schicksal historischer SPD-Wahlniederlagen in Bund und Ländern. Keiner hat im Gegenzug je eine bedeutende Wahl gewonnen, niemand hat einen Trumpf in der Hand, wenn es zum Duell mit Angela Merkel kommt. Einzig die fehlende Konkurrenz in der SPD macht sie zu Kandidaten: Denn wenn die Sonne tief steht, werfen auch Zwerge lange Schatten.
Auch wenn die SPD die Debatte verständlicherweise als Zeichen der Stärke auslegen will, so ist sie doch genau das Gegenteil. Seit zwei Jahren ist die Partei auf der Suche nach sich selbst: nach einer Identität und einem überzeugenden Programm, einem Schlussstrich unter die schmerzhafte Phase der Agenda-Politik und nach Versöhnung mit der Basis und den Unterstützern besserer Jahre. Peer Steinbrück steht für nichts davon. Er ist ein Agenda-Mann, er ist nicht integrativ, die Partei ist ihm über die Jahre fremd geblieben.
Steinbrück ist der Mann, der beim Volk ankommt, mit ihm hat die SPD nach Lage der Dinge tatsächlich die besten Chancen, Angela Merkel 2013 zu besiegen. Die Partei würde vielleicht nach nur vier Jahren in der Opposition wieder an die Macht kommen. Aber will die SPD das wirklich? Der Preis wäre hoch: Niemals wollte die SPD wieder die Schrödersche Basta-Politik noch einen Kanzler, der im Zweifel auf die Partei pfeift.
GORDON REPINSKI ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.
Parteichef Sigmar Gabriel hat den Kult um Steinbrück jüngst mit dem um Karl-Theodor zu Guttenberg verglichen. Die SPD sollte daraus lernen. Zuerst profitieren Parteien von Personenhypes ein klein wenig. Am Ende des Hypes bricht aber oft alles in sich zusammen und man will zurück zu den alten Werten. Darauf sollte die SPD nicht bis 2013 warten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern