Kommentar Jugendsexualität: Die Seele schützen
Die neuen Daten über Jugendsexualität sind beruhigend. Denn sie zeigen, dass die Jugend trotz Pornowelle im Internet ihre Sexualität als etwas Privates betrachten.
E s ist eine beruhigende Botschaft, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verkündet wurde - auch wenn man das vor drei Jahrzehnten wohl noch anders empfunden hätte: "Sexuelle Aktivitäten gehen zurück", melden die Gesundheitsforscher mit Verweis auf eine Befragung unter Teenagern im Alter zwischen 14 und 17 Jahren.
Ein Drittel der 17-Jährigen hat noch nicht mit jemandem geschlafen. Der Trend zum Sex in immer jüngerem Alter ist zum ersten Mal seit vielen Jahren rückläufig.
Die Botschaft ist natürlich nicht deswegen beruhigend, weil es irgendwie moralischer ist, wenn Jugendliche heute weniger Sex haben als noch vor fünf Jahren; sondern weil es Teenagern offenbar gelingt, ihre eigene Sexualität als etwas ganz Privates zu behandeln.
BARBARA DRIBBUSCH ist Redakteurin für Soziales im taz-Inlandsressort.
Auch wenn im Hintergrund Rapmusik läuft, in der Analsex bejubelt wird und im Internet tausende von Pornos zum Herunterladen zur Verfügung stehen. Alles nur Show.
Ganz oben auf der Liste der Gründe, warum man noch keinen Sex hatte, steht bei den Jugendlichen das Fehlen des richtigen Partners oder der richtigen Partnerin. Dann spielt auch die Schüchternheit, die Angst, etwas falsch zu machen, eine große Rolle.
Bei den Jungs ist dieser zweite Grund ebenso gewichtig wie der erste, auch bei den Teenagern mit Migrationshintergrund.
Viele Jugendliche schätzen den Schutz einer festen Beziehung für das "erste Mal". Das macht auch Sinn: Die Sexualität ist eins der verletzlichsten Gebiete der Seele. Dieser Aspekt wurde in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt.
Und deshalb geht es statt um Entgrenzung heute eher um Abgrenzung. Auch gegenüber der Elterngeneration. Diese, oft Abkömmlinge der Post-68er-Zeit, erleben heute, dass ihr pubertierender Nachwuchs mit ihnen über alles reden will, aber nicht über Sex, bitte. In einer Zeit überbordender öffentlicher Diskurse über das Private besteht die neue Subversion eben darin, das Intime auch intim sein zu lassen.
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