Kommentar Jugend vor Gericht: Im Zweifel für den Boulevard

Im Prozess um den den vermeintlichen Polizisten-Mordversuch von Bremen ist nicht alles nach rechtstaatlichen Standards verlaufen

Einen Aufschrei gäbe es auf dem Boulevard und in den Lokalmedien, würde die Bremer Jugendstrafkammer heute einen Quasi-Freispruch verkünden. Zu Aufsehen erregend sind die Umstände der Tat, und zu eindeutig sind die Angeklagten dort bereits vorverurteilt.

Es deutet aber alles darauf hin, dass sich das hohe Gericht dieser Kritik nicht aussetzt - und stattdessen lieber das Risiko einer fachlichen Zurechtweisung in Kauf nimmt.

Das allerdings ist hoch, nicht allein, weil der Bundesgerichtshof zuletzt sehr oft Jugendgerichtsurteile hat kassieren müssen. Denn die Ermittlungen der Bremer Polizei wirken, als seien sie nicht mit der nötigen emotionalen Distanz durchgeführt worden. Die Erregung ist nur allzu menschlich und durchaus verständlich. Schließlich waren Ziel der Attacke KollegInnen, die eben gerade zufällig Dienst hatten. Allerdings ändert das nichts: Das Ergebnis ist ein Geständnis, das nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln erlangt wurde.

Die Auffassung des Bremer Gerichts, dieses zwar für den Geständigen selbst nicht, wohl aber zur Verurteilung seiner Kompagnons heranziehen zu können, darf als dubios gelten. Ob sich die Bundesrichter dem anschließen können? Das ist zweifelhaft. Ziemlich genau so zweifelhaft, wie sicher ist, dass die Klatschpresse harte Strafen bejubeln wird.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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