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Kommentar JPMorganDas Oligopol verhaut sich

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

JPMorgan hat 2 Milliarden Dollar Verlust gemacht. Das geschieht ihnen recht. Denn Finanzmärkte sind keine echten Märkte, sondern ein Oligopol von wenigen Spekulanten.

S chadenfreude ist so schön: Die US-Investmentbank JPMorgan hat mehr als 2 Milliarden Dollar Verlust gemacht, weil sie sich mit Kreditderivaten verspekuliert hat. Diese Schlappe hat genau die Richtigen getroffen. Seit Jahren nerven die JPMorgan-Banker als selbst ernannte Finanzgenies, die sich einer effektiven Aufsicht widersetzen.

Dieser Nimbus ist dahin. Denn zu den Besonderheiten der Affäre gehört, dass es diesmal nicht irgendein kleiner Angestellter war, der auf eigene Faust gegen die Anweisungen seiner Vorgesetzten spekuliert hätte. Nein, bei JPMorgan haben sich die Bankchefs selbst verschätzt. Die obersten Risikomanager haben das Risiko nicht gesehen.

Es wäre falsch, diesen Irrtum nur als menschliches Versagen abzubuchen. Dahinter steckt mehr: Die Affäre führt vor, dass die „Finanzmärkte“ gar keine echten Märkte sind – sondern dass dort ein Oligopol von wenigen Spekulanten herrscht.

Bild: taz
ULRIKE HERRMANN

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Noch wird von der US-Börsenaufsicht untersucht, wie der Verlust bei JPMorgan entstanden ist. Jetzt schon ist klar: Die US-Bank hat mittels Kreditderivaten auf einen Index von Unternehmensanleihen gewettet – worauf sich einige Hedgefonds zusammengetan haben, um mit Leerverkäufen gegen JPMorgan zu spekulieren. Mit einem „Markt“ mit vielen Wettbewerbern hatte diese formierte Schlacht nichts mehr zu tun.

Der Fehler von JPMorgan war nur: Die Bank hat ihren Einfluss in diesem Oligopol überschätzt. Diesmal. Aber im Normalbetrieb ist es genau diese Marktmacht, die dafür sorgt, dass JPMorgan und die anderen Investbanken Milliardengewinne einsammeln. Deswegen reicht Schadenfreude nicht. Man muss den Banken diesen Kasinobetrieb verbieten.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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2 Kommentare

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  • Z
    Zyniker

    Bemerkenswerter Kommentar.

    Die taz ist doch immer um geschlechtsneutrale Bezeichnungen bemüht.

    Warum ist hier also von Risikomanagern die Rede und nicht von RisikomagerInnen.

    Vieleicht, weil es gar kein Manager,sondern eine MangerIN war ???

    TsTsTs

  • I
    ion

    Ausser "Schadenfreude" (der 'kleinen Frau') kommt von der durch eine Brille des Unverständnisses personalisiert umgetexteten Tickermeldung ja nun leider wirklich nicht `rüber!

    Also: Was soll `s!? Schreiben 'wir' immer noch in `s Poesiealbum oder gerieren 'wir uns' (schon) als: "wirtschaftspolitische Korrespondentin"?!

     

    Und das:

    "Die obersten Risikomanager haben das Risiko nicht gesehen.",

    dürfte eher definitiv nicht zutreffen, denn: für sabbernd ersehnte Mega-Gewinne ist jenes:

    Conditio sine qua non.