Kommentar Italien und EU: Die Rente ist es nicht
Italiens Modernisierungsoffensive müsste bei seiner Verwaltung einsetzen. Das brächte weit mehr als die von der EU fetischisierte "Renten- und Arbeitsmarktreform".
W ie ein Schuljunge" sei er auf dem europäischen Gipfel abgewatscht worden - dies Silvio Berlusconis Resümee aus Brüssel. In der Tat ließen Merkel und Sarkozy jede diplomatische Etikette fahren, als sie auf Berlusconi angesprochen wurden, ganz so als sei der nicht Regierungschef der drittgrößten Volkswirtschaft in der Euro-Zone, sondern bloß eine Witzfigur.
Und Berlusconi? Trotz der Demütigung beeilte er sich zu liefern. Der Italiener Lorenzo Bini Smaghi, fordert er, solle jetzt umgehend seinen Platz im EZB-Direktorium für einen Franzosen räumen; zudem berief er eine Kabinettssitzung ein, um die von der EU geforderte Rentenreform auf den Weg zu bringen.
Dass Berlusconi diese Behandlung erfährt, muss man nicht weiter bedauern. Dass allerdings Italien als Ganzes Reue leisten soll für seinen diskreditierten Premier - dies leuchtet weit weniger ein. Gut möglich, dass Berlusconi bald von einer Notstandsregierung abgelöst wird. Die fände sich von der EU in die Ecke gedrängt, müsste auf die Schnelle die geforderten Renten- und Arbeitsmarktreformen verabschieden.
MICHAEL BRAUN ist taz-Korrespondent in Rom.
Doch dies sind gar nicht die wirklichen Baustellen im Land. Zwei Milliarden Euro in dem schon seit Jahren mit demografischem Faktor und allem Drum und Dran durchreformierten Rentensystem einzusparen, zudem bei heute schon hoch flexibel gestaltetem Arbeitsmarkt noch ein paar Arbeitnehmerrechte zu streichen: Dies wird Italien nicht auf den Wachstumspfad zurückbringen.
Italien ist aus ganz anderen Gründen für Investoren unattraktiv: Es verfügt über eine ebenso teure wie oft inkompetente Verwaltung, die immer wieder als Verhinderungsmaschine agiert. Hier müsste Italiens Modernisierungsoffensive beginnen; sie brächte weit mehr als die von der EU zum Fetisch stilisierten "Renten- und Arbeitsmarktreformen".
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