Kommentar Iran: Untaugliche Mittel
Eine neue Runde von Sanktionen wird nichts ändern - und seien diese Sanktionen noch so "intelligent" und zielgerichtet auf die Verantwortlichen gerichtet.
S eit genau fünf Jahren verfolgen die USA und das EU-Trio Frankreich, Großbritannien und Deutschland die Strategie, Iran durch Drohungen, ultimative Forderungen und Sanktionen zur Aufgabe der Urananreicherung zu zwingen. Die Strategie ist völlig gescheitert und war kontraproduktiv. Die Hardliner um Präsident Ahmadinedschad sowie die Befürworter einer iranischen Atombombe unter den sicherheitspolitischen Eliten Irans wurden gestärkt.
Eine neue Runde von Sanktionen wird daran nichts ändern - und seien diese Sanktionen noch so "intelligent" und zielgerichtet auf Verantwortliche für das Atomprogramm sowie andere politische und militärische Machtträger. Und falls die iranische Führung tatsächlich Atomwaffen herstellen oder zumindest die vollständige technologische Fähigkeit zu ihrer Entwicklung erlangen will, worauf immer mehr Indizien hindeuten, dann wäre sie dazu inzwischen auch ohne weitere Zulieferungen aus dem Ausland in der Lage.
Einige Strategen schlagen daher vor, mit einem totalen Wirtschaftsembargo der Vereinten Nationen gegen Iran die dortige Bevölkerung derart in Mitleidenschaft zu ziehen, dass sie das unliebsame Regime in Teheran stürzt und damit dem Atomprogramm ein Ende bereitet. Doch das ist ein zynisches Kalkül, das noch nie zuvor in der Geschichte funktioniert hat. Im Fall des Irak verursachte ein solches totales Wirtschaftsembargo der UNO zwischen 1991 und 2002 den Tod von über 500.000 Kleinkindern, während das Regime von Saddam Hussein ungefährdet an der Macht blieb.
Andreas Zumach ist Korrespondent der taz.
Die mit dem iranischen Atomprogramm verbundenen Probleme lassen sich nur lösen durch eine möglichst gemeinsam von den USA, China, Russland und der EU initiierte Konferenz aller Staaten des Nahen und Mittleren Ostens über Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region. Diese muss das Ziel verfolgen, eine Zone frei von atomaren und anderen Massenvernichtungswaffen zu schaffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?