Kommentar Internationale Handelspolitik: Stoppt Tisa!
Über die Deregulierung von Dienstleistungen wird unter Ausschluss der Parlamente und der Öffentlichkeit beraten – wie gewohnt. Damit muss Schluss sein.
V ermeintlich ist die militärische Sicherheitspolitik der Politikbereich mit der größten Geheimhaltung sowie der geringsten demokratisch-parlamentarischen Kontrolle und öffentlichen Transparenz. Tatsächlich ist es die Außenwirtschafts-und Handelspolitik.
Das zeigt sich erneut an den Verhandlungen über ein multilaterales Abkommen zur Deregulierung und Privatisierung von Dienstleistungen (Tisa), das im Erfolgsfall weitreichende Konsequenzen für Menschen in Industrie- wie in Entwicklungsländern hätte.
Bereits die seit Ende des Kalten Krieges im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und ihres Vorläufers Gatt vereinbarten Abkommen zur „Liberalisierung“ der Weltwirtschaft wurden sämtlich von den Regierungen unter Ausschluss der Parlamente und der Öffentlichkeit geführt. Auf der WTO-Ministerkonferenz 2001 in Doha mussten die Mitglieder des für Außenhandelsfragen zuständigen Wirtschaftsausschusses im Bundestag einräumen, dass sie an der Erarbeitung keiner der Positionen beteiligt waren, die Deutschland und seine EU-Partner bei diesen WTO-und Gatt-Verhandlungen vertreten hatten.
In der EU kommt verschärfend dazu, dass sich die nationalen Mitgliedsregierungen im Fall kritischer Nachfragen gerne hinter der inzwischen abgeschlossenen Meinungsbildung zwischen den Hauptstädten verstecken, die angeblich durch Bedenken einzelner Mitglieder nicht mehr korrigierbar sei.
Doch inzwischen gab es eine auch durch die Deregulierung des Finanzsektors mitverursachte globale Finanz-und Wirtschaftskrise. Auch sind die Auswirkungen der bereits vollzogenen Privatisierung vormals öffentlicher Dienstleistungen für jeden ersichtlich. Daher ist es höchst Zeit, die Tisa-Verhandlungen nicht nur öffentlich zu machen, sondern auch zu stoppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“