Kommentar Integrationsgesetz: Ein Gesetz mit Symbolkraft
Gerade bei einem viel diskutierten Thema wie der Integration, bei dem es häufig mehr um Gefühle als um Fakten geht, ist Symbolpolitik angebracht.
Ein großer Wurf sieht anders aus. Das lange angekündigte Integrationsgesetz, für das der Senat nun Eckpunkte vorgelegt hat, wird die Stadt sicherlich nicht auf einen Schlag verändern. Schon weil hier im Wesentlichen nur schon übliche Regelungen zusammengefasst wurden, damit sie in die Gesetze integriert werden können. Das kann man als bloße Symbolpolitik geißeln. Oder als längst überfällige Selbstverständlichkeit abtun. Aber gerade bei einem viel diskutierten Thema wie der Integration, bei dem es häufig mehr um Gefühle als um Fakten geht, ist Symbolpolitik durchaus angebracht.
In einem, vielleicht sogar im entscheidenden Punkt gelingt es dem Senat sogar, aus der Not eine Tugend zu machen. Denn auf die ursprünglich diskutierte Quote für Beschäftigte mit Migrationshintergrund bei Einstellungen im öffentlichen Dienst wird aus rechtlichen Gründen verzichtet. Stattdessen soll nun die interkulturelle Kompetenz der Bewerber ein Einstellungskriterium werden. Das klingt nach Blabla, kann aber weitaus mehr Folgen haben als eine Quote.
Denn interkulturelle Kompetenz kann man - anders als einen Migrationshintergrund - erwerben. Etwa durch gezielte Schulung. Das wird nicht unbedingt den Anteil der Migranten in der Verwaltung erhöhen. Aber auf lange Sicht wäre somit bei allen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes garantiert, dass sie der Vielfalt der Berliner mit der nötigen Sensibilität begegnen können. Und das kann der Verwaltung gerade in einer Einwanderstadt wie Berlin nur gut tun. Wenn es jetzt noch gelänge, den etwas schwammigen Begriff "interkulturelle Kompetenz" so zu definieren, dass er messbar wird, wäre das Integrationskonzept ein echter Schritt nach vorn.
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