Kommentar IG-Metall-Gewerkschaftstag: Eine halbe Niederlage
Die IG-Metall-Spitze wird nicht verkleinert, so haben die Delegierten auf dem Gewerkschaftstag entschieden. Das ist kein Drama. Wichtig ist, dass die Basis gestärkt wird.
D er IG-Metall-Vorstand, vor allem Berthold Huber und sein Vize Detlef Wetzel, haben eine Abfuhr kassiert: 166 von 305 Delegierten stimmten den Plan nieder, die Posten an der Gewerkschaftsspitze von sieben auf fünf zu verkleinern. Das ist eine Niederlage für die IG-Metall-Führung. Zudem hat der Eindruck der Geschlossenheit, den die Arbeitnehmerorganisation gern vermittelt, Kratzer erlitten. Ein Drama ist das Ganze nicht.
Die Motive der renitenten Gewerkschafter sind vielschichtig: Den einen passte nicht, dass künftig kein CDU-Mitglied mehr unter den Chefs sein sollte, andere befürchteten, die Gewerkschaft verliere mit weniger geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern an Meinungsvielfalt und Kontakt zur Basis. Im Kern haben die Metaller auch verhindert, dass die Troika aus Huber, Wetzel und Hauptkassierer Bertin Eichler im Vorstand mit drei zu fünf Stimmen künftig einfach durchmarschieren kann. Insofern ist das Votum auch eine Warnung an die Spitze, bei aller Umgestaltung nicht interne Mitbestimmung über Bord zu werfen, sondern Demokratie auszuhalten.
Das Votum der Delegierten darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die IG Metall geschlossen hinter ihrer Neugestaltung steht. Die läuft bereits seit vier Jahren und bedeutet viel mehr als nur eine Vorstandsverkleinerung. Es geht um die Umschichtung von Geldern und Ressourcen von der Spitze in die Fläche.
ist taz-Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Ressort Inland.
Dazu gibt es keine Alternative: Wenn die Gewerkschaft überleben, ja, weiterhin neue Mitglieder gewinnen will, dann muss sie sich auf die Basis konzentrieren. Auseinandersetzungen werden in den Betrieben geführt. Dort werden Menschen von Gewerkschaftsarbeit überzeugt, nicht in der Vorstandszentrale. Dieser Prozess ist nicht infrage gestellt worden.
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