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Kommentar Hartz-IV-ReformDer neue Armen-Tarif

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Mit der Hartz-IV-Reform werden Sozialgelder zwischen armen Alten, Arbeitslosen und Beitragszahlern ausgespielt. Es ist also nur eine horizontale Umverteilung am Spieltisch.

A m Ende wirkte im Streit über die Hartz-IV-Reform der gleiche Mechanismus wie bei Tarifverhandlungen: Die Kontrahenten rangen nächtelang um einen Kompromiss, der dann frühmorgens gefunden wurde. Also kann das Ergebnis so schlecht nicht sein, ist die Botschaft der Inszenierung. Es gibt in zwei Stufen 8 Euro mehr im Monat an Regelsatz. Arme Kinder erhalten 10 Euro im Monat für Vereinsmitgliedschaften. Mindestlöhne in drei Branchen kommen.

Von einer Summe, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ist dieser Regelsatz weit entfernt. Die Berechnung erscheint durch die magere Erhöhung nicht weniger willkürlich, im Gegenteil. Dass das politische Geschachere um ein Existenzminimum am Ende mit vielfältigen Interessen zu tun hat, nur eben nicht mit dem Existenzminimum, zeigte sich selten so deutlich wie in dem nun beendeten Verhandlungsmarathon.

Ein wichtiger Punkt ist der Preis für die Einigung - der, wie üblich, erst später fällig wird. Um die Zustimmung der Länder zu gewinnen, hat die Bundesregierung den Kommunen angeboten, sukzessive die Finanzierung der Grundsicherung im Alter zu übernehmen. 4,8 Milliarden Euro kostet diese "Sozialhilfe für Alte" schätzungsweise im Jahre 2014.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.

Dieses Geld will die Bundesregierung bei der Bundesagentur für Arbeit sparen. Die Konjunktur laufe doch gut, da brauche man nicht mehr so viel Geld für die Arbeitslosensicherung, lautete das Argument. Vergessen scheint zu sein, dass die Wirtschaftskrise erst kurz zurückliegt, in der die Bundesagentur Millionen von Euro für Kurzarbeit ausgeben musste.

Eine solche Finanzplanung ist Hasardeurgebaren beim Sozialroulette: Man hofft, dass die Kugel eben deswegen auf Schwarz rollen wird, weil man drauf setzt. Damit werden letztlich Sozialgelder zwischen armen Alten, Arbeitslosen und Beitragszahlern ausgespielt. Horizontale Umverteilung am Spieltisch also: Dies ist der Stand der aktuellen Sozialpolitik.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

5 Kommentare

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  • A
    AdFontana

    warum nicht die Artikel 23 und 25 der Menschnerechte

    bei der Bundesregierung einforderen. Darin ist alles gesagt was der Mensch braucht -einschl. des "Mindest-lohnes".

  • H
    Hartzerpaul

    Sehe ich auch so, es reicht nicht für die soziale Teilhabe und der Kompromiss ist auch noch unsolide finanziert.

     

    Die Parteien haben die Möglichkeiten zur Selbstinszenierung ausgiebig genutzt:

     

    Es konnte wieder auf der Kinderwelle gesurft werden, Lieblingsbeschäftigung einer Ministerin, und SPD/und Gewerkschaften nutzen die Gelegenheiteng, um von der Flexibilisierung durch Clement bei dem Leiharbeitsmarkt abzulenken und auch davon, dass die niedrigen Tariflöhne ja von den Gewerkschaften abgeschlossen wurden.

     

    Täter von einst und Täter von heute saßen beiandern, und sollten ändern, was sie nicht ändern wollten.

     

    Ein zynischen Showlaufen auf Kosten der Armen, bei bester Verpflegung auf Kosten der Gemeinschaft, versteht sich.

  • F
    FAXENDICKE

    @ Marlies K.

     

    Mensch Marlies wo lebst Du denn? So eine Welt oder ein Land wünschte ich mir auch, in dem Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe wichtiger sind als Geld oder der soziale Status. Ab Hartz IV oder Rente aus gesundheitlichen Gründen mit Grundsicherung, ist das keine Lebensphase mehr die mal eben überwunden werden kann, da ist das ein Dauerzustand der Diffamierung und Stigmatisierung. Ein herauskommen fast unmöglich, gelegentlich mal ein unbefriedigender ein Euro Job oder eine Dumpinglohnstelle in der Zeitarbeit. Immer diese Aufforderung nach Ländern zu schauen in denen es noch schlechter geht ist zynisch, wenn ich täglich im eigenen Land mitbekomme wie die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Menschen wie sie sehen tatenlos zu wie die sozialen Sicherungssysteme nach und nach demontiert werden, und das Ganze ohne NOT. Diese Angstmache mit der demographischen Entwicklung ist auch so ein Totschlagargument, seit dem 19. Jahrhundert kassieren Beamte und mittlerweile auch Berufspolitiker ohne auch nur einen Pfennig/Cent einzuzahlen übersatte Pensionen. Z.Zt. im Schnitt etwa das drei-vierfache von dem was ein Arbeiter oder Angestellter (der einzahlt) erhält, unabhängig von der demographischen Entwicklung. Diese Angst wird nur geschürt, weil die Banken und Versicherer auch noch heiss auf die Sozialabgaben sind, die noch in die staatlichen Systeme fliessen. Na dann "Gute Nacht" beim Nächsten Weltwirtschaftsbetrug. Deshalb wäre ein für alle Rentner gleiches Rentensystem von Nöten in das auch alle einzahlen, wie in allen anderen europäischen Staaten auch. Diese Pensionssystem aus Kaisers Zeiten hat nichts mit Verfassung und Demokratie zu tun.

    Natürlich kann auch mehr Geld nicht wirklich das mangelnde Selbstwertgefühl und die schleichende Depression nehmen, die sich bei vielen Harzern und Rentnern einstellt, aber wenigstens ein bischen, auch materiell wieder mitmachen zu können würde zumindest Linderung verschaffen.

  • MK
    Marlies K.

    ..."Von einer Summe, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, ist dieser Regelsatz weit entfernt"...

    Was will uns dieser Satz wieder suggerieren? Das man nur mit Geld teilhaben kann? Vieleicht sollte Frau Dribbusch mal ihr Umfeld überprüfen. Wenn sie da nur mit Geld glänzen kann und was zählt, sollte ihr das zu denken geben. Der Materialismus der sich hinter solchen Aussagen verbirgt schreit zum Himmel. Die Medien und ihre Meinungs- und Stimmungsmacher sollten lieber mal Einstellungen befördern, die den Menschen vermitteln, das man auch mit wenig Einkommen und wenig Geld etwas Wert ist und man auch aus dieser Position heraus ein Selbstwertgefühl entwickeln kann. Man kann sogar froh sein, Teil einer Gesellschaft zu sein, die (Noch?) in der Lage ist Menschen in schwierigen Lebensphasen und Menschen die in Not geraten sind zu unterstützen. Bei unser derzeitigen demografischen Entwicklung werden wir in Zukunft feststellen, das dies in dieser Form eine Phase des Luxus war. Auch historisch gesehen ging es Menschen in diesen Lebenslagen selten besser. Im aktuellen weltweiten Vergleich ist die Lage immer noch Spitze.

    Also mal lieber nachdenken, wie wir weiterhin zumindest den Status Quo halten können und die Menschen in ihrem Selbstwertgefühl bestärken können, dann steigt auch die Chance sich aus dieser Lage wieder zu befreien. Der Rest der Leute kann sich mal Gedanken machen, wie er mehr Erwirtschaften bzw. Leisten kann, damit für die Sozialpolitik mehr Mittel zur Verfügung stehen. Jeder kann auch ohne Geld in seinem Umfeld schauen, wie er helfen kann. Manchen Menschen kann schon geholfen werden, wenn man Ihnen zeigt wie man sich Wissen aneignen kann. Kinder an Bücher heranzuführen kann hilfreicher sein als sie vor den Fernseher zu setzen (billiger ist es auch).

  • W
    WaschmichabernichdenPelz

    M.b.M.n. hat die SPD eigendlich nur eine "echte" Chance.

     

    a) Seeheimer Kreis absägen gegen G.L.A.U.B.W.Ü.R.D.I.G.K.E.I.T.

     

    b) Versöhnung mit dem e.i.g.e.n.e.n. F.l.e.i.s.c.h. (Die Linke)

     

    Ansonsten werden die Partei"genossen" früher oder später eine echte Fahrstuhlfahrt nach unten antreten.

     

    In den Wahlergebnissen als auch in übertragenen Sinn.