Kommentar Haasenburg: Übergriffe öffenlich machen
Eine Expertenkommission soll die Übergriffe in der Haasenburg untersuchen. Das ist zu begrüßen. Trotzdem: Ein öffentlicher Ausschuss des Parlamentes wäre besser.
I n Brandenburg soll eine Expertenkommission die private Heimfirma Haasenburg untersuchen. Dass überhaupt etwas passiert, ist zu begrüßen. Doch es reicht nicht, die Frage, was mit diesem Heim passiert, einer Kommission hinter verschlossenen zu überlassen, die am Ende weißen oder schwarzen Rauch aufsteigen lässt.
Viel besser wäre ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA), der auch das Handeln der Landesbehörden und somit vom Ministerin Martina Münch unter die Lupe nimmt und - in der Regel - öffentlich tagt. Etwas beängstigend ist die Ansage der Ministerin, man werde nicht „kriminalistisch“ arbeiten, sondern mit fachlichem Sachverstand.
Nichts gegen Sachverstand, aber hier klingt durch, man wolle alles so genau nun auch wieder nicht wissen. Dafür soll es die Fachwelt richten. Dabei hat die gerade massiv Vertrauen eingebüßt. Wer sich in einzelne Akten vertieft, möchte die Kinder vor dieser Art Hilfesystem lieber schützen. Die Jugendlichen sind Objekte ohne Rechte, finden mit ihren Wünschen und Klagen im Gestrüpp der organisierten Verantwortungslosigkeit kein Gehör.
ist Redakteurin der taz-Hamburg.
Wenn sich nur ein Teil dessen, was ehemalige Heimbewohner sagen, bewahrheitet, haben Vormünder, Jugendämter, Familiengerichte und Gutachter ihren Job nicht gut gemacht. Denn Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Dazu gehört laut Gesetzeskommentar auch ein Verbot von entwürdigenden Maßnahmen wie nackt ausziehen, einsperren, längere Zeit behinderndes Zupacken oder angstauslösendes Bedrängen. Auch das längere Verweigern von Gesprächs- und Blickkontakt ist gesetzeswidrig.
Jugendliche, denen solches Unrecht wiederfahren ist, brauchen nun gute Anwälte, die für sie Akteneinsicht fordern und sie begleiten, wenn sie zur Staatsanwaltschaft gehen. Denn die ermittelt inzwischen wegen eines Anfangsverdachts auf „Mißhandlung von Schutzbefohlenen“. So eine Tat verjährt erst nach zehn Jahren. Die Justiz hat zu tun. Hier gehören Akten gesichert, Mitarbeiter verhört. Wenn nur die Kommission über Konzepte fachsimpelt und die Jugendlichen mit anonymen Meldungen bei der Ministeriums-Hotline auflaufen, wird nicht genug getan, um die Wahrheit aufzudecken.
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