Kommentar Grundrente: Dementi mit Verfallsdatum
Noch sperrt sich die SPD gegen eine Sockelrente. Dabei könnte die SPD gerade beim Thema Grundrente zeigen, wie sich Hartz IV zu einem gerechteren Sozialsystem ausbauen ließe.
E s ist erstaunlich, wie sich eine Regierung um die Konsequenzen ihrer eigenen Politik herumdrücken kann. Es gebe keine Überlegungen zu einer steuerfinanzierten Sockelrente, ließ Sozialminister Olaf Scholz gestern verlauten. Ausgerechnet der Politiker also, der als SPD-Generalsekretär einst die Agenda-Politik seiner Partei verteidigte und dafür als "Scholzomat" gescholten wurde. Doch beim Thema Grundrente könnte die SPD zeigen, wie sich der Grundgedanke von Hartz IV zu einem gerechteren Sozialsystem ausbauen ließe.
Ralph Bollmann ist Ressortleiter Inland.
Richtig war bei den Hartz-Gesetzen, dass der Staat nicht aus Steuergeldern dem ehemaligen Ingenieur eine höhere Arbeitslosenhilfe zahlen muss als dem ungelernten Arbeiter. Bei der Rente aber ist es noch immer so, dass die öffentliche Hand mit einem enorm aufwendigen bürokratischen System dafür sorgt, dass sich die Höhe der Rente an einem möglichst engen Verhältnis zu den ehemaligen Einkünften orientiert. Dafür haben die Besserverdienenden zwar auch höhere Beiträge bezahlt, nicht berücksichtigt wird dabei aber ihre höhere Lebenserwartung, die ihnen längere Zahlungen aus der Rentenkasse beschert.
Dieses System wird nicht mehr lange funktionieren. Durch immer lückenhaftere Erwerbsbiografien, Nullrunden und die Erhöhung des Rentenalters werden die Altersbezüge ohnehin schon schleichend gesenkt. Nach seriösen Prognosen bekommt im Jahr 2030 jeder dritte Rentner weniger Geld als ein durchschnittlicher Hartz-IV-Empfänger. Eine "Grundsicherung" können die Betroffenen bisher nur beantragen, wenn sie zuvor ihr eigenes Vermögen aufgebraucht haben. Damit aber verliert jede Rentenversicherung ihren Sinn.
Nur eine voraussetzungslose, existenzsichernde Einheitsrente wäre eine Grundsicherung, die den Namen verdiente. Sie würde sich sogar selbst finanzieren - durch die Einsparungen bei den Besserverdienenden. Diese Erkenntnis aber wollen die Sozialdemokraten ihrer Mittelstandsklientel offenbar jetzt noch nicht zumuten. Stattdessen kürzen sie die Rente lieber scheibchenweise.
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