Kommentar Grüne Wirtschaft: Die Gerechtigkeit wechselt die Seiten
Der „gerechte Übergang“ zu einer klimafreundlichen Wirtschaft bedeutet auch, Jobverluste zu kompensieren. Die Ärmsten werden dabei vergessen.
Der möglichst schnelle Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen darf nicht ganze Branchen plattmachen Foto: dpa
Gerechtigkeit ist eine der wichtigsten erneuerbaren Ressourcen. Auch beim Klimaschutz. Deshalb ist der „gerechte Übergang“ zu einer Wirtschaft ohne Kohle, Öl und Gas, der auf dem Petersberger Klimadialog der Bundesregierung propagiert wurde, eine richtige Forderung. Der möglichst schnelle Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen darf nicht ganze Regionen und Branchen plattmachen.
Wer in der Kohle arbeitet oder Verbrennungsmotoren baut, darf nicht ins Nichts fallen. Der Abbau umweltschädlicher Jobs muss begleitet werden, die Beschäftigten brauchen Qualifikationen und ihre Regionen neue Perspektiven. Das wird viel Geld kosten, zahlt sich aber aus: durch eine zukunftsfähige Wirtschaft, sozialen Frieden und politische Mitsprache.
Dieser „gerechte Übergang“ hat aber einen bitteren Beigeschmack. Einerseits verlieren beim Konflikt zwischen Jobs und Umwelt hierzulande normalerweise selten die Beschäftigten – vielmehr werden solche Konflikte in der Regel auf dem Rücken von Natur und Zukunft „gelöst“. Vor allem aber wird hier der Fokus von Gerechtigkeit verschoben.
Bislang bezeichnet „Klimagerechtigkeit“ die Sorge um die Ärmsten der Armen, die zum Problem Erderhitzung nichts beitragen, sondern nur unter seinen Folgen leiden: die Bäuerin in Mozambik, der Fischer in Bangladesch. Gerechtigkeit heißt da: das Problem in den Industriestaaten bekämpfen, den Opfern unter die Arme greifen und ihnen ermöglichen, ihr Recht immer häufiger vor Gerichten durchzusetzen.
Diese Betroffenen dürfen nicht vergessen werden, wenn die reichen Länder nun das Schlagwort „gerechter Übergang“ verbreiten. Und damit meinen, wie der Verlust von Jobs oder Bodenschätzen zu kompensieren ist. Doch ohne Fairness gegenüber denen, die im Klimawandel unverschuldet ihr Leben und ihre Existenz riskieren, wird jeder Klimaschutz scheitern. Es wäre eine große Ungerechtigkeit, wenn die Überlebensrechte der Opfer hinter der Selbstgerechtigkeit der Täter verschwänden.
Kommentar Grüne Wirtschaft: Die Gerechtigkeit wechselt die Seiten
Der „gerechte Übergang“ zu einer klimafreundlichen Wirtschaft bedeutet auch, Jobverluste zu kompensieren. Die Ärmsten werden dabei vergessen.
Der möglichst schnelle Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen darf nicht ganze Branchen plattmachen Foto: dpa
Gerechtigkeit ist eine der wichtigsten erneuerbaren Ressourcen. Auch beim Klimaschutz. Deshalb ist der „gerechte Übergang“ zu einer Wirtschaft ohne Kohle, Öl und Gas, der auf dem Petersberger Klimadialog der Bundesregierung propagiert wurde, eine richtige Forderung. Der möglichst schnelle Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen darf nicht ganze Regionen und Branchen plattmachen.
Wer in der Kohle arbeitet oder Verbrennungsmotoren baut, darf nicht ins Nichts fallen. Der Abbau umweltschädlicher Jobs muss begleitet werden, die Beschäftigten brauchen Qualifikationen und ihre Regionen neue Perspektiven. Das wird viel Geld kosten, zahlt sich aber aus: durch eine zukunftsfähige Wirtschaft, sozialen Frieden und politische Mitsprache.
Dieser „gerechte Übergang“ hat aber einen bitteren Beigeschmack. Einerseits verlieren beim Konflikt zwischen Jobs und Umwelt hierzulande normalerweise selten die Beschäftigten – vielmehr werden solche Konflikte in der Regel auf dem Rücken von Natur und Zukunft „gelöst“. Vor allem aber wird hier der Fokus von Gerechtigkeit verschoben.
Bislang bezeichnet „Klimagerechtigkeit“ die Sorge um die Ärmsten der Armen, die zum Problem Erderhitzung nichts beitragen, sondern nur unter seinen Folgen leiden: die Bäuerin in Mozambik, der Fischer in Bangladesch. Gerechtigkeit heißt da: das Problem in den Industriestaaten bekämpfen, den Opfern unter die Arme greifen und ihnen ermöglichen, ihr Recht immer häufiger vor Gerichten durchzusetzen.
Diese Betroffenen dürfen nicht vergessen werden, wenn die reichen Länder nun das Schlagwort „gerechter Übergang“ verbreiten. Und damit meinen, wie der Verlust von Jobs oder Bodenschätzen zu kompensieren ist. Doch ohne Fairness gegenüber denen, die im Klimawandel unverschuldet ihr Leben und ihre Existenz riskieren, wird jeder Klimaschutz scheitern. Es wäre eine große Ungerechtigkeit, wenn die Überlebensrechte der Opfer hinter der Selbstgerechtigkeit der Täter verschwänden.
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Schwerpunkt Klimawandel
Kommentar von
Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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