Kommentar Grüne Gentechnik: Das Eiern des Horst Seehofer
Verbraucherschutzminister Seehofer entscheidet sich bei der so genannten grünen Gentechnik nicht - sondern wirft beiden Seiten ab und an ein Häppchen zu.
B ei der Gentechnik in der Landwirtschaft sitzt Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) zwischen allen Stühlen. Die Gentechnikindustrie will endlich freie Fahrt haben für ihr gentechnisch verändertes Saatgut. Sie malt den Untergang der deutschen Landwirtschaft an die Wand, wenn das "Gentechnikverhinderungsgesetz" nicht endlich aufgeweicht werde.
Umwelt- und Verbraucherverbände dagegen fordern noch strengere Regelungen. Sie und auch die weitaus überwiegende Mehrheit der Verbraucher wollen keine Gentechnik auf dem Tisch. Seehofer wird es nicht allen recht machen können.
Das hat auch der Minister, der einst der Agrarindustrie versprochen hatte, die Anbauhemmnisse aus dem Weg zu räumen, inzwischen erkannt. Er sei ja schließlich auch lernfähig, ist sein Kommentar dazu. Doch anstatt sich zwischen dem Pro und Kontra der sogenannten grünen Gentechnik zu entscheiden, fährt Seehofer einen Zickzackkurs und wirft beiden Seiten ab und an ein Häppchen zu.
So untersagte er im letzten Jahr - zum Entsetzen der Gentechniklobby - kurz nach der Aussaat von Genmais der Sorte MON 810 wegen möglicher Umweltrisiken den weiteren Handel mit dem gentechnisch veränderten Saatgut. Wohl wissend, dass das keine weiteren Konsequenzen hat, denn der bereits ausgebrachte Genmais durfte auf den Feldern weiter gedeihen. Wenige Monate später kassierte er das Verbot wieder - obwohl an den Umweltrisiken sich nichts geändert hatte.
Seehofer preist seine zweigleisige Gentechnikpolitik inzwischen sogar an: "Wenn Befürworter und Gegner Kritik üben, ist die Regel selbst meistens richtig", sagte er am Sonntag im Rundfunk. Noch lieber wäre ihm aber, er müsste sich mit den ungeliebten Gentechnikpflanzen erst gar nicht beschäftigen.
Die EU-Genehmigungsverfahren sollten seiner Meinung nach nur auf Grundlage der wissenschaftlich arbeitenden europäischen Lebensmittelbehörde EFSA entschieden werden. Mit der Folge, dass sich die Politik dann nicht mehr damit befassen müsste, ob und welche Gentechnikpflanzen angebaut werden dürfen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören