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Kommentar Große BergstraßeWeise für immer

Kommentar von Maximilian Probst

Die Große Bergstraße verändert sich so, wie es die Kritiker vorausgesagt haben: Kapital rein, kleine Geschäfte raus.

E s kommt alles so, wie es die Mahner und Kritiker der Ansiedlung von Ikea immer gesagt haben: Mieten rauf, kleine Gewerbetreibende raus.

Wenn das Sanierungsvorhaben der Großen Bergstraße 2014 ausläuft, wird schließlich ein Erfolg auf ganzer Linie zu verzeichnen sein - um das vorauszusagen, muss man kein Prophet sein. Supermärkte, Edelbäcker, Café-Ketten, Boutiquen, Ikea, C&A: alles da. Um es kurz zu sagen: Den Reibach machen die Großen. Oder, wie es die Schweden, in diesem Fall jene, die die Band Abba formten, schon immer wussten: The winner takes it all. Das Kapital.

Einzelne Immobilienunternehmen an den Pranger zu stellen, die doch nur, was recht und billig ist, die Bedingungen nutzen, die man ihnen einräumt, hilft da wenig. Nörgeln schon gar nichts. Aber lernen ließe sich aus dem Fall, und zwar in dem doppelten Sinn, von dem der Historiker Jacob Burckhardt, lang ist es her, einmal sprach. Der sagte, man könne aus Fehlern klug werden für ein nächstes Mal oder weise für immer.

Klug wären wir, wenn wir aus dem Fall der Großen Bergstraße den Schluss zögen, nächstes Mal nicht auf Global Player wie Ikea zu setzten.

Weise wären wir, wenn wir das Konzept einer Stadtentwicklung von oben auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgten. Für immer, versteht sich.

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Hamburg-Redakteur
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5 Kommentare

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  • I
    illusionist

    Fürs erste wäre es ja schon prima, wenn die Verantwortlichen endlich den Unterschied zwischen Stadtentwicklung und Marketing begreifen würden.

  • OA
    o aus h

    Genau, statt einer Stadtentwicklung von oben wird künftig das Vermieten an große Ketten und das Kündigen alter Mietverträge verboten. Von oben verboten ... äh?

  • HN
    HANS NIX

    Guter Kommentar - leider beobachten wir aber das genaue Gegenteil: Die SPD hat vor der Wahl mehr Ausgleich, mehr Sozialwohnungen, mehr Rücksicht vor Ort versprochen, jetzt liest sich das Ganze plötzlich eher wie ein Investorenschutzprogramm gepaart mit Brechstangen-Durchsetzung.

    Und zum Glück hat Altona schon genug edle Ecken - so einfach wird das auch mit IKEA nicht, zumal der große Ansturm dort gar nicht geht.

    Mein größtes Problem liegt aber auf einer anderen Ebene, ich verstehe nicht Mal, was die SPD jetzt wirklich will, was sie tun werden. Dass sie ihre Zahl an Wohnungen nicht schaffen, wurde letztlich schon indirekt gesagt. Was sie aber darüberhinaus erreichen wollen, scheint sich um Grote und um Michael Sachs zu drehen. Die haben ganz offenbar Differenzen. Fragt sich nur, wie das am Ende dann beim Bürger, beim Normalhamburger ankommt. Ich habe das ungute Gefühl, dass diese Regierung nichts aus den Fehlern der letzten Regierungen gelernt hat.

    Und da sind wir wieder beim Ende vom Kommentar von Probst ...

  • JE
    J. Eric

    Vergessen sollten wir auch nicht den Missbrauch des Instruments "Volksentscheid" durch Schwarz-Grün und profitinteressierte Geschäftsleute (ECA).

    Als IKEA Kaufinterresse am Frappant zeigte, wurde ein Verkauf an IKEA durch die schwarz-grüne Bezirgsregierung begrüsst. Alles schien beschlossene Sache zu sein, doch in der Bevölkerung freuten sich nicht alle auf IKEA. Man fürchtete nicht nur die bereits jetzt stattfindende Verdrängung, sondern auch überhandnehmenden Autoverkehr im Einzugsgebiet nach Eröffnung. Ein Bürgerbegehren gegen die Ansiedlung begann Unterschriften zu sammeln. Es wurden genug Stimmen für einen Planungsstop gesammelt, und ein Bürgerentscheid zeichnete sich ab.

     

    Nun gab es groteskerweise einen Bürgerentscheid für IKEA. Auch wenn es keinen Sinn ergeben mag für eine bereits durch "indirekte Demokratie" beschlossene Sache Unterschriften zu sammeln, kamen irgendwie genug für einen Bürgerentscheid "Pro IKEA" zusammen, vor dem anderen Bürgerentscheid.

     

    Nun war bereits klar, das auch der Bürgerentscheid gegen IKEA zustande kommen würde.

    Es wäre also schon aus Gründen der Fairness geboten gewesen beide Bürgerentscheide zusammenzulegen. Damit hätten die Wähler bei dem Bürgerentscheid, wie bei anderen auch, die Wahl zwischen zwei Vorschlägen gehabt. Schwarz-Grün verzichtete darauf, und es gab einen Volksentscheid Pro-IKEA mit irreführender Formulierung und ohne Gegenposition. Nachdem dieses undemoratische Vorhaben glückte, folgte in Streich zwei die Kaltstellung des Bürgerentscheids gegen IKEA. Da dieser zustande kam, und theoretisch das Ergebnis wieder hätte umdrehen können, hat die Bezirksregierung nun unredlicherweise Art die Formulierung des Bürgerentscheids gegen IKEA formal übernommen, als sei sie schon immer gegen IKEA gewesen (warum dann keine Gegenposition im Bürgerentscheid "Pro IKEA"), zuvor jedoch die Entscheidungskompetenz an den Senat abgegeben. Versprechen gebrochen, gelogen und getrickst, so wurde IKEA in Altona durchgesetzt, und dem Ganzen der Anschein einer demokratischen Legitimierung verliehen.

     

    Wer damals für IKEA gestimmt hat und das heute bereut, tut mir leid. Schuld sind vermutlich aber die Strukturen aus Wirtschaft und Politik, die man beinahe als "mafiös" bezeichnen könnte. Oder Schwarz-Grüner Filz.

  • G
    Genau!

    Nichts darf sich verändern. Niemals!

     

    Wenn einmal so viel daran liegt: einfach "nächstes Mal" (Billstedt soll ja noch günstig sein, wenn Sie die ganzen Recht-auf-Stadt-Linksspießer dahin führen könnten wäre ich als Ureinwohner sehr dankbar) die Häuser kaufen und nicht nur möglichst billig mieten. Aber nein, da müsste man ja selbst ein Risiko tragen, ohjemine, was soll daraus nur werden.