Kommentar Griechenland: Ärzte an ihren Grenzen

Im Fall Griechenland braucht die Eurozone endlich eine vernünftige Diagnose, um bei zukünftigen Staatspleiten gewappnet zu sein. Und danach eine konsequente Therapie.

Wenn ein Arzt eine klare Diagnose stellt und ohne Zögern seinen Rezeptblock zückt, fühlen sich die meisten Patienten gut aufgehoben. Das fördert den Genesungsprozess. Das malade Griechenland hingegen wird von einer Expertenschar betreut, die jeden Tag andere Signale sendet. Dem Genesungsprozess war die Unentschlossenheit der Mitgliedsländer, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) jedenfalls nicht förderlich: Die Fieberkurve der Kreditzinsen stieg ständig weiter an.

Bereits im Februar gaben die Staatschefs eine Garantieerklärung für Griechenland ab, ohne einen Notfallplan vorzulegen. Ende März legten sie beim Gipfeltreffen nach und skizzierten trotz deutscher Einwände ein vages Konzept, wie im Ernstfall die Länder mit Eurowährung und der IWF gemeinsam Athen beispringen wollen. Die Kreditzinsen für griechische Staatsanleihen aber stiegen ständig. Am Wochenende lieferten die Finanzminister Details nach, betonten aber, dass Griechenland noch keine Hilfe angefordert habe - und diese voraussichtlich auch nicht in Anspruch nehmen werde.

Diese Beteuerungen glaubt inzwischen niemand mehr. Der Hinweis soll vor allem die deutschen Wähler beruhigen, da das größte Euroland den Löwenanteil der griechischen Schulden übernehmen wird. Doch das ist erst der Anfang. Wenn große Volkswirtschaften wie Spanien und Italien demnächst vor der Pleite stehen, werden viel höhere Kredite gebraucht. Statt einer aufgescheuchten Schar von Weißkitteln, die mit immer neuen Mittelchen wirkungslos herumdoktern, braucht die Eurozone eine vernünftige Diagnose. Und danach konsequente Therapie und Prophylaxe, um künftigen Krisen vorzubeugen.

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