Kommentar Gewalt in Thailand: Den harten Weg eingeschlagen
Die jüngste Eskalation der Gewalt ist Ausdruck ihrer jahrelangen Enttäuschung und Demütigung sowie einer tiefen Krise des politischen Systems in Thailand.
Für die Gewalt in Thailand gibt es keine Rechtfertigung. Allerdings war die Eskalation absehbar, sind doch die Fronten zwischen den Rothemden, die seit Wochen demonstrieren, und der Regierung von Premier Abhisit Vejjajiva hoffnungslos verhärtet. Schon die Verhängung des Ausnahmezustands vor ein paar Tagen war eine zu harsche Reaktion auf die kurzzeitige Erstürmung des Parlamentsgeländes durch die "Roten". Damit machte Thailands Regierung klar, dass sie für den harten Weg ist. Sie hätte besser daran getan, sich zunächst um weitere Verhandlungen mit den politischen Gegnern zu bemühen.
Die Rothemden und deren Sympathisanten fühlen sich seit langem betrogen - und das nicht zu Unrecht. Die von ihnen favorisierten Regierungen wurden in den letzten Jahren allesamt entweder durch einen Militärputsch beseitigt oder durch politisch motivierte Gerichtsprozesse kaltgestellt. Zwar war der vom Militär gestürzte Thaksin Shinawatra, dem viele Rothemden anhängen, selbst alles andere als ein Demokrat. Doch er war von der Mehrheit der thailändischen Wähler im Amt bestätigt worden.
Seine Demontage hatte System: Erst wurde seine Partei wegen Korruptionsvorwürfen aufgelöst - dabei ist die Korruption in Thailand epidemisch. Dann wurde auch die Nachfolgepartei People Power Party (PPP) nur ein Jahr später aus dem gleichen Grund verboten, nachdem sie bei Neuwahlen im Dezember 2007 wieder stärkste Kraft geworden war.
Dem undemokratischen Schauspiel voraus gingen Massenproteste eines Anti-Thaksin-Bündnisses, das 2008 den Regierungssitz und beide Bangkoker Flughäfen belagerte. Den aktuellen Premier Abhisit, der mithilfe des Militärs an die Macht kam, wollen wiederum die Rothemden nicht akzeptieren. Die jüngste Eskalation der Gewalt ist Ausdruck ihrer jahrelangen Enttäuschung und Demütigung sowie einer tiefen Krise des politischen Systems in Thailand. Dessen grundlegende Reform ist überfällig.
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