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Kommentar GesichtserkennungEin Modellversuch für den Wahlkampf

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Der Praxistest der Gesichtserkennungssoftware ist eine reine Wahlkampf-Show. Die Gesichtserkennung ist kein effizientes Fahndungsmittel.

Für den Test werden die Überwachungskameras der Bahn genutzt Foto: dpa

E s klingt wie ein Märchen aus dem Polizeiparadies. Intelligente Videokameras zeichnen nicht nur auf, sondern erkennen auch Personen. Der gesuchte Mörder oder Terrorist käme also nicht weit, weil im öffentlichen Raum so viele Kameras sind, dass er bald doch mal eine übersieht und dann sofort verhaftet wird. Ob das in der Praxis funktioniert, will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) jetzt in einem Modellversuch im Berliner Bahnhof Südkreuz testen. Schon am Dienstag soll es losgehen.

Es ist natürlich kein gutes Gegenargument, dass die Fahndung mit Gesichtserkennungssoftware ziemlich effi­zient klingt. Im demokratischen Staat ist es gut, wenn die Polizei bei der Fahndung nach Verbrechern effiziente Fahndungsmittel nutzen kann. Es bringt wenig, sich schaudernd auszumalen, wie eine faschistische Diktatur solche Methoden missbrauchen könnte.

Im Gegenteil. Eine effiziente demokratische Polizei reduziert die Gefahr, dass Populisten mit Law-and-Order-Parolen Mehrheiten für die Schaffung eines autoritären Staates erhalten können.

Nur: Die Gesichtserkennung ist kein effizientes Fahndungsmittel. Sie ermöglicht keine Verhaftung im Handumdrehen, weil eben nicht unter jeder Videokamera ein Festnahmetrupp stehen kann. Außerdem bräuchte man für ein derartiges Konzept viel mehr von der Polizei kontrollierte Kameras, diese bräuchten eine viel bessere Bildauflösung. Die Masse der aktuell aktiven Überwachungskameras ist optisch einfach zu schlecht. Es müssten also erst einmal Milliarden Euro investiert werden.

So ein Modellversuch vor der Bundestagswahl bringt gutePublicity

Das wird aber keine halbwegs rationale Regierung tun, da Gesichtserkennung ja sehr leicht ausgehebelt werden kann. So gibt es bereits Manipulationsbrillen, die der Kamera vorgaukeln, man sei eine andere Person – zum Beispiel der Innenminister.

Natürlich weiß das alles auch Thomas de Maizière. Aber so ein Modellversuch vor der Bundestagswahl bringt gute Publicity. Und wenn einige Kritiker aus Polemik oder Unkenntnis das Bild an die Wand malen, dass es bald Bewegungsbilder der ganzen Bevölkerung gebe, ist das für de Maizière auch gut. Hauptsache, man spricht von seinem mutigen Modellversuch. Die erwartbar ernüchternden Ergebnisse kommen ja erst lange nach der Wahl.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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5 Kommentare

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  • Mal anders gewendet.

     

    Welche Polizei ist hier eigentlich mit

    "demokratisch" - apostrophiert?

    Die eines PolPrä von Kölle der mit der Demonstraions&Meinungsfreiheit unser türkischen Mitbürger Fußball spielt? Indem er sich öffentlich & ungeschoren damit brüstet - " den Außenminister als Redner hab ich ihnen ( den Anmeldern!) ausgeredet - zugunsten des Sportministers!"

    Oder?

    Die des "Goldfasans" Dudde aus HH

    Der Demokratie - "an ihren Taten sollt ihr sie erkennen" - Nichemal schreiben kann - So dreist gehen ihm

    Deren Grundlagen nach Karlsruhe -

    Versammlungs&Meinungsfreiheit an Seinen Goldepauletten vorbei!

    Oder?

    Die Autobahnpolizei A 45 - Sauerlandlinie - die über Jahre - wenn nicht gar Jahrzehnte - anhand eines sorgfältig erstellten Katalogs

    Insbesondere LKW-Fahrer wg Geschwindigkeits&Fahrzeitüberschreitungen etc - Waren in riesigem Stil abgepreßt haben. Bis einem "Höheren Orts" aufstieß - was denn Angebote über Schweinehälften Joghurt-Paletten etc im Intranet-Pol NRW verloren hätten.

    Entlassen wurde niemand.

    Oder?

    Die übrigen eher klandestinen

    Ordnungskräfte?? BND/Schlapphüte!

    Zu denen ausgewiesene Abgeordnete in den Kontrollgremien unlängst resigniert festzustellen sich veranlaßt sahen - "eine Kontrolle ist letztlich nicht möglich!"

    & Ja wie?

    Da wird sich noch gewundert -

    Daß in HH - Sich Opfer von Übergriffen - vulgo Körperverletzungen aller Grade -

    Sich dort bei der Bullerei nicht melden. Was Wunder!

    Ja Meinescheißenocheins - um dann über die bekannt polizeilichen Gegenanzeigen in einer europaweiten Extremistendatei (sorry - braun-früher warens "Zigeuner&Judendateien")

    Zu landen - ohne Kenne davon.

    Wer hier nen nassen Hut auf hat - Dürfte klar sein.

     

    ff rest

    • @Lowandorder:

      ff rest

       

      Nu. "Das Böse ist in der Welt" by Jorge Semprun - Gilt ohne wenn&aber auch für eine Demokratie. Auch eine Einhegung von Macht & staatlicher Gewalt mittels Verfassung - dem Grundgesetz - bleibt Menschenwerk! & Kennt dieses daher keine rechtsfreien Räume & Garantiert uneingeschränkten Rechtsschutz als mindeste Kontrolle.

      Für weniger Kontrolldichte&tiefe ist auch in einer Demokratie hingegen kein Anlaß - allenfalls für mehr Effektivität dabei.

      Da ist gerade nach den Auffälligkeiten der letzten Jahre - Schreddern von Akten - Einengung der Öffentlichen Räume etc - noch viel Nachholbedarf & Reichlich Luft nach oben. &

      Andienen - Forbidden!

      So geht das.

      • @Lowandorder:

        kurz - Staat bleibt der Leviathan

        des Thomas Hobbes -

        Wider die Gesundbeter

        Inne taz & anderwo!

  • Ja,ja, den Massen immer schön vorgaukeln, daß ja alles so böse und unsicher ist, ein paar Kameras installiert und fertig.

    Zur Legitimation noch die Revolverpresse gefüttert....

     

    Hauptsache im Wahlmodus halten alle schön die Klappe und schauen hoffentlich TV.

  • Ja wie? Silbenrätsel?! Aber Hallo!

     

    "Im Gegenteil. Eine effiziente demokratische Polizei reduziert die

    Gefahr, dass Populisten mit Law-and-Order-Parolen

    Mehrheiten für die Schaffung eines autoritären Staates erhalten können."

     

    Finden macht zwar nicht -

    Aber hat auch hier seinen guten Sinn.

    Dieser - Sorry - Dumpfsatz -

    "Ja aber - wir leben doch in einer

    Demokratie… - " hat sich noch in jedem

    Verfassungsrechtlichen Seminar - als -

    Zurückzuweisende - weil gefährliche

    Schimäre erwiesen - Bei genauerem -

    Abklopfen - kerr!

    So geht das.

     

    (Mit Verlaub - eine derartige - letztlich

    "Beweislastumkehr" zu Lasten der

    Freiheitsrechte des Souverän - der Bürger -

    Ist doch - wie zudem die tägliche Praxis zeigt!

    Komplett kontraproduktiv & Wasser auf die

    Mühlen der allfällig bekannten -

    Staatlichen Gefährder.

    Der Satz "Was die können - tun die auch!"

    Der steht. Punkt. &

    Ins Stammbuch - "Grau mein Freund -

    Ist alle Theorie.

    Wer Verfassungsrecht & Verfassungswirklichkeit

    Nicht zusammen denken will - Der zaubert auch mühelos-dreist ein -

    Omnipotentes Sicherheitsgrundrecht - aus dem Hut!

    Sorry. Populistisch abgehobenes Gewölk.

    Verfassungsrechtlich geerdete Denke sieht anders aus.

    kurz - Na Mahlzeit &

    No way.