Kommentar Georgien und die Nato: Die USA, das alte und das neue Europa
Während das "alte Europa" den Georgienkonflikt schrittweise und einvernehmlich lösen wollte, ist Georgien für die USA nur ein Baustein, um Russlands Macht einzuschränken.
H at Angela Merkel leichtsinnigerweise ihrem Gastgeber in Tiflis die Mitgliedschaft Georgiens in der Nato als Gastgeschenk offeriert? Keineswegs. Sie stellte nur klar, dass auch für Georgien der Weg in das Militärbündnis offensteht. Grundsätzlich und irgendwann. Damit ist Merkel nur scheinbar auf die Linie der USA eingeschwenkt, die auf den Beitritt Georgiens ohne Wenn und Aber drängen. Es ist genau diese Frage, die nach wie vor die Nato spaltet - aus gutem Grund.
Auf der jüngsten Konferenz der Nato in Bukarest weigerte sich eine Siebener-Staatengruppe um Frankreich, Deutschland und Italien beharrlich, eine Einladung zu Beitrittsverhandlungen an Georgien (und die Ukraine) zu verschicken. Die USA-Regierung und ihre Verbündeten in Ostmitteleuropa verstanden diesen Schritt als für das "alte Europa" typischen Opportunismus. Man wolle Russland nicht verärgern, um die Energielieferungen nicht zu gefährden. Natürlich spielten diese Motive eine Rolle, denn im Gegensatz zu den USA sind die Europäer vom Öl und Gas Russlands abhängig. Aber das ist nicht die ganze Geschichte.
Die EU-Staaten des "alten Europa" wollen den Georgienkonflikt eingrenzen, schrittweise und einvernehmlich lösen, möglichst unter Einschaltung eines UNO-Mandats. Sie sind keine Friedensengel, aber sie sehen in der Interdependenz mit Russland, der gegenseitigen Abhängigkeit und Verflechtung, den besten Weg für die Sicherung ihrer Interessen. Für die USA hingegen ist Georgien nur ein Baustein unter vielen im Kampf mit dem wieder erstarkten Russland um die Hegemonie in den transkaukasischen und zentralasiatischen Republiken.
Die Nato zielte unter der Führung der USA auf weltweite Militäreinsätze, die keineswegs, wie die Bombardierung Jugoslawiens im Kosovokonflikt zeigte, nur friedfertigen Charakter hatten. War die Nato den USA nicht zu Willen, wie im Irakkrieg, dann musste eben ersatzweise eine "Koalition der Willigen" gebildet werden. Deshalb ist die Nato heute zwar ein riesiger Militärapparat, aber politisch gleicht sie mehr und mehr dem Standbild in Nebukadnezars Traum (A. T.: Buch Daniel, 2.31-35).
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