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Kommentar GeneralbundesanwältinDie eiserne Lady

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Monika Harms galt als stramme Konservative. Und zu Beginn ihrer Amtszeit kam es wirklich schlimm. Später zeigte sie sich geläutert – auch wenn sie das nie zugeben würde.

M onika Harms war die erste Frau an der Spitze der Bundesanwaltschaft. Große Hoffnung auf eine kriminalpolitische Liberalisierung waren damit aber nicht verbunden, denn CDU-Mitglied Harms galt als stramme Konservative. Zumindest zu Beginn ihrer rund sechsjährigen Amtszeit kam es auch wirklich schlimm. Kein Generalbundesanwalt vor ihr ist binnen eines Jahres so oft in zentralen Fragen vom Bundesgerichtshof (BGH) beanstandet worden wie sie. Jetzt geht Harms in den Ruhestand.

Die Onlinedurchsuchung von Computern ließ sie zunächst ohne gesetzliche Grundlage durchführen. Sie behauptete, das Anbringen von Spähsoftware in Rechnern sei etwas Ähnliches wie eine Hausdurchsuchung. Der Bundesgerichtshof fand das zu Recht abwegig. Vermutlich hat Harms das sogar einkalkuliert, um die Politik zu einer ausdrücklichen Erlaubnis zu motivieren. Innenminister Schäuble machte sich das Projekt Onlinedurchsuchung dann auch zu eigen und setzte es als Symbol des starken Staates gegen alle Widerstände durch. Praktische Bedeutung hat es bis heute keine.

Als es im Vorfeld des G-8-Gipfels von Heiligendamm zu einer Serie von Brandanschlägen kam, jagte die Bundesanwaltschaft eine terroristische Vereinigung, die angeblich hinter allem stecke. Auch das war abwegig. Nicht nur der Bundesgerichtshof, auch der Verfassungsschutz konnte keine zentrale Steuerung der Zündeleien erkennen.

Bild: taz
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Wahrscheinlich wollte Harms nur verhindern, dass sie die Strafverfolgung an örtliche Staatsanwaltschaften abgeben muss. Dass der Sicherheitsapparat aus eigennützigen Interessen eine terroristische Gruppe erfindet, kannte man bisher vor allem aus Diktaturen. Es hat das Vertrauen in die Lauterkeit der Behörde Bundesanwaltschaft nachhaltig erschüttert.

In der zweiten Hälfte von Monika Harms Amtszeit zeigte sie sich geläutert - auch wenn sie das nie zugeben würde. So beharrt die Bundesanwaltschaft seit Jahren standhaft und zu Recht darauf, dass die Polizei bei der Strafverfolgung derzeit keine Trojaner zum Abhören von Internettelefonaten verwenden darf. Auch hierfür wäre bei Bedarf ein neues Gesetz erforderlich.

Solche Konflikte machen deutlich, warum es wichtig ist, dass an der Spitze der obersten Anklagebehörde Deutschlands eine Persönlichkeit platziert wird, die grundrechtssensibel ist. Es genügt nicht zu hoffen, dass der BGH am Ende den Ausputzer spielt.

Zum Abschied sind aber auch einige ihrer bisher eher unbekannten Verdienste zu erwähnen. So hat die Generalbundesanwältin ein schlagkräftiges Referat für Völkerstraftaten eingerichtet. Dessen erste Anklage - gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Ruanda - läuft derzeit in Stuttgart. Außerdem hat Monika Harms erstmals an der Bundesanwaltschaft aktiv Frauenförderung betrieben.

Die Zahl der Staatsanwältinnen hat sich in ihrer Amtszeit fast verdoppelt. Hier erwies sich die eiserne Lady Monika Harms also doch noch als echte Modernisiererin.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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4 Kommentare

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  • I
    iBot

    "Sie hat Frauen geholt -- und diese Frauen werden wahrscheinlich ein Ebenbild von Frau Harms bzgl. Grundrechten sein. So kann sie über ihre Pensionierung hinaus wirken."

     

    Wenn Sie wenigstens angeführt und begründet hätten, dass diese die gleichen Rechtsansichten vertreten wie Monika Harms; aber das haben Sie natürlich nicht.

  • J
    jps-mm

    Straftäterin gegen Bürgerrechte

     

    Penetrantes Schweigen über Menschenrechtsverletzungen!

     

    Fortgesetzte massive Menschenrechtsverletzungen mit Merkel

     

    Seit 2005 täuscht die Merkel darüber hinweg, dass die Verletzung von Bürgerrechten schwerster Art unverändert fortgesetzt wird. Dazu kommt, dass die Merkel die dafür verantwortlichen Rechtsbrecher deckt, damit diese die Menschenrechtsverletzungen weiterhin ungestört fortsetzen können. Schlimmer noch: Die Situation der Menschenrechte hat sich seit ihrem Amtsantritt drastisch verschlechtert. Und die Merkel blinzelt den Journalisten zu.

     

    Ein Unrechtsstaat ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verletzung von Bürgerrechten schwerster Art über einen längeren Zeitraum mit Duldung, wenn nicht sogar mit Billigung staatlicher Stellen fortgesetzt wird, die strafrechtliche Sanktionierung der Rechtsbrecher durch Staatsanwaltschaft und Gerichte systematisch verschleppt und behindert wird und das Parlament sich über die Menschenrechtsverletzungen schwerster Art und die dafür verantwortlichen Rechtsbrecher ausschweigen.

     

    Und wann kommt der Autor dieses Artikels endlich seiner journalistischen Berichtspflicht nach? S p r e c h e n Sie diesen Straftäter gegen Bürgerrechte doch ö f f e n t l i c h auf die Menschenrechtsverletzungen an!

     

    DEutschland ist ein asozialer Unrechtsstaat!!!!!!!!!

  • SB
    Siegfried Bosch

    Aha, einfach nur Frauen zu befördern ist also gut. Wenn Herr Rath wenigstens angeführt und begründet hätte, dass diese qualifiziert sind; aber das hat er natürlich nicht. Wahrscheinlich hat Frau Harms hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Sie hat Frauen geholt -- und diese Frauen werden wahrscheinlich ein Ebenbild von Frau Harms bzgl. Grundrechten sein. So kann sie über ihre Pensionierung hinaus wirken.

  • F
    fakeraol

    So so .. na immerhin ermitteln wir jetzt gegen Kriegsverbrecher in anderen Staaten. Möglichst in solchen, wo eine Verbindung zur deutschen Waffenlobby oder gar Beteiligung deutscher Politiker an den Waffengeschäften mit den dortigen Diktatoren möglichst nicht herzustellen ist. Im Irak müsste man immerhin den USA vorwerfen, ein ganzes Land mit ihrer Uranmunition auf Jahrzehnte radioaktiv verseucht zu haben. In Afghanistan wäre glatt noch die deutsche Truppe daran beteiligt. Und wenn man zuerst mal vor der eigenen Tür damit anfangen würde, könnte das ja Parteikollegen treffen und das ist nicht opportun.

    In Ruanda mögen wir auch die "Demokratie" nicht hineinbomben, weils da keine nennenswerten Rohstoffe gibt, auf die die Bundeswehr den deutschen Zugriff sicherstellen müsste. Da darf der Diktator ein reputabler Staatsmann bleiben, mit dem wir auch so ganz gut leben können, anders als in Lybien.