piwik no script img

Kommentar Geiselentführung in NigerZynischer Tauschhandel

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Staatspräsident Hollande dementiert Lösegeldzahlungen an Dschihadisten in Nordafrika. So recht glauben will ihm das niemand

Wiedervereint: Daniel Larribe (r.) und Familienmitglieder. Bild: dpa

E nde gut, alles gut. Das sagt der Volksmund auch in Frankreich. Und wenn es sich gar um den glücklichen Ausgang eines Geiseldramas handelt, soll niemand das berüchtigte Haar in der Suppe suchen. Da die Pariser Staatsführung aber allzu offensichtlich versucht, aus der Freilassung von vier aus dem Niger entführten Franzosen Kapital zu schlagen, muss sie sich nicht wundern, wenn nun doch von den Medien unbequeme Fragen gestellt werden.

Wider besseres Wissen behaupten alle Regierungssprecher, für die Freilassung der vor drei Jahren verschleppten Landsleute seien keine Lösegelder bezahlt worden. Sie dürfen nichts anders, wollten sie nicht ihren Präsidenten François Hollande Lügen strafen. Er hatte nach seinem Amtsantritt entschlossen angekündigt, er bezahle „nicht mehr“. Es wäre für ihn peinlich, nun zugeben zu müssen, dass er unter der Druck von Morddrohungen mit 20 bis 25 Millionen Euro das Rüstungsbudget derselben Dschihadisten aufstockt, die er in Mali militärisch bekämpft.

Hollande weiß nur zu gut, dass jede Lösegeldzahlung an Geiselnehmer oder Piraten letztlich kontraproduktiv ist, weil ein solcher Präzedenzfall den Kampf gegen dieses Entführungsgeschäft erschwert. Hollande könnte auf das Dilemma verweisen und sagen, für ihn komme Herz und Mitgefühl in einer solchen Tragödie vor Vernunft oder Staatsräson.

Stattdessen lässt er das Offensichtliche dementieren. Natürlich kauft ihm kaum jemand ab, dass nicht in der einen oder anderen Weise die finanziellen Forderungen der Geiselnehmer erfüllt wurden. Zynisch meinte ein Fernsehjournalist dazu, das einzige Positive sei, dass französische Geiseln offenbar „wertvoll genug“ seien, wenn sie während drei Jahren am Leben gehalten werden. Das relativiert die allgemeine Freude über das Happy End.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • D
    D.J.

    Völlige Zustimmung. Aber machen wir uns nichts vor: Das läuft anders als bei gewöhnlichen Verbrechern, bei denen noch Ratio, möglicherweise sogar etwas Mitgefühl vorhanden ist. Denn Dschihadisten würden, wenn kein Lösegeld zu erwarten ist, ohne mit der Wimper zu zucken die Ausländer einfach sofort ermorden. Umso mehr gilt: Mit Dschihadisten dieses Kalibers verhandelt man ebensowenig wie mit Nazis.