Kommentar Gazastreifen: Die Blockade muss enden
Die durch den verbrecherischen Einsatz des israelischen Militärs gestoppte Solidaritätsflottille hat erreicht, dass über den Gazastreifen geredet wird. Das reicht aber nicht.
W enigstens eines hat die Gaza-Solidaritätsflottille, die durch den verbrecherischen Einsatz des israelischen Militärs gestoppt wurde, erreicht: Nach Jahren der Vernachlässigung und Verdrängung ist das Schicksal der 1,5 Millionen Menschen, die quasi als Israels Gefangene im Gazastreifen leben, endlich wieder in den Fokus internationaler Aufmerksamkeit gerückt.
Von Berlin bis Washington verlangen jetzt auch westliche Politikerinnen und Regierungschefs, humanitäre Lieferungen in den Gazastreifen uneingeschränkt zuzulassen. Doch das reicht nicht aus: Vielmehr muss die völkerrechtswidrige Blockade, mit der Israel den Gazastreifen seit dem Abzug seiner Besatzungssoldaten stranguliert, umgehend vollständig aufgehoben werden.
Bislang haben die USA sowie - auf maßgebliches Betreiben der deutschen Regierung - auch die Europäische Union diese Blockade unterstützt. Das Kalkül, auf diese Weise die Hamas im Gazastreifen zu schwächen, war von Anfang an unmoralisch, weil es das Leiden der Bevölkerung in Gaza bewusst in Kauf nahm. Es ist aber auch gescheitert, weil die Blockade nicht nur die Hamas, sondern sogar noch radikalere islamistische Gruppen gestärkt hat.
Andreas Zumach ist Korrespondent der taz in Genf.
Diese fatale Dynamik lässt sich nur durch einen freien Waren- und Personenverkehr zum Gazastreifen umkehren. Zugleich muss, um Waffenlieferungen zu unterbinden und die israelischen Sicherheitsbedürfnisse zu befriedigen, entlang aller Land- und Seegrenzen eine UNO-mandatierte Polizei- oder Blauhelmtruppe mit einem starken US-amerikanischen Kontingent stationiert werden.
Doch selbst nach dem blutigen Drama im Mittelmeer scheinen die Regierungen der USA und der EU-Staaten zu einer solchen Korrektur ihrer bisherigen Politik noch immer nicht bereit zu sein. Das zeigt der Beschluss des UN-Sicherheitsrats, der auf Druck der USA wieder einmal windelweich ausgefallen ist.
Israels Premier Netanjahu dürfte richtig liegen, wenn er glaubt, dass US-Präsident Obama zumindest vor den Kongresszwischenwahlen im November seine Haltung zum Gazastreifen nicht mehr ändern dürfte. Doch damit stehen die Zeichen im Nahen Osten auf Eskalation. Den Toten und Verletzten vom letzten Sonntag dürften daher bald viele weitere folgen - im Mittelmeer, im Gazastreifen, dem Westjordanland und auch im israelischen Kernland selbst.
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