Kommentar Friedrichs Islam-Äußerung: Wo der Islam hingehört
Der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich hat sich sogleich als Leiter der Islamkonferenz disqualifiziert. Diese sollte künftig von Bildungsministerin Schavan geleitet werden.
K aum ist der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich im Amt, flammt die müßige Debatte über die Stellung des Islam in Deutschland wieder auf. Erstmals nach zwanzig Jahren stellt die CSU wieder den Bundesinnenminister, prompt liefert sie sich ein Scharmützel mit der FDP und dem liberal geführten Justizministerium. Das ist kein Zufall, sondern politische Absicht. Mit ihrer Personalrochade hat Angela Merkel billigend in Kauf genommen, dass auf dem sensiblen Feld der Innenpolitik künftig die CSU den Ton angibt. Die Kanzlerin hofft wohl, so den rechten Rand zu binden, der ihr durch die Sarrazin-Debatte verloren zu gehen drohte.
Mit seiner Bemerkung, er finde in der Historie keinen Beleg dafür, dass der Islam zu Deutschland gehöre, fällt Friedrich nicht nur hinter seine Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière zurück. Es fragt sich auch, wie er so die Islamkonferenz leiten will. Verständlicherweise werden innerhalb der FDP jetzt immer mehr Stimmen laut, die fordern, die Zuständigkeit für die Islamkonferenz an das Justizministerium abzugeben. Wie muslimische Verbände als Religionsgemeinschaft anerkannt werden können, ist schließlich eine knifflige rechtliche Frage. Und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat klargemacht, dass sie kein Problem damit hat, dass auch der Islam zu Deutschland gehört.
Noch besser wäre es aber, die Leitung der Islamkonferenz dem Bildungsministerium zu übertragen. Als studierte Theologin bringt Annette Schavan das nötige Rüstzeug mit, um sich den Fragen von konfessioneller Religionsvermittlung und staatlichem Bildungsauftrag zu stellen. Außerdem fallen zentrale Themen wie die Einführung von Islamunterricht als ordentliches Schulfach sowie die Ausbildung von Imamen an deutschen Universitäten ohnehin in ihren Arbeitsbereich.
Dem neuen Innenminister bliebe dann immer noch das Feld der Sicherheitspolitik, um sich als Hardliner zu profilieren. Statt um die breite Mehrheit der gesetzestreuen Muslime müsste er sich dann nur noch um die radikale Minderheit unter ihnen kümmern. Da ist genug zu tun.
Denn wie das Attentat auf US-Soldaten am Frankfurter Flughafen gerade erst wieder schmerzhaft vor Augen geführt hat, ist auch der radikalislamistische Terror längst ein Teil der deutschen Realität geworden.
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