Kommentar Frieden in Nahost: Gefährliche Ignoranz

Trump und Netanjahu nutzen die Chancen für Frieden im Nahen Osten nicht. Dabei haben sie derzeit einflussreiche Verbündete in der Region.

Die Kuppel des Felsendoms in Jerusalem glänzt golden in der Sonne

Der Hoffnungsschimmer für Frieden im Nahen Osten wird schmaler Foto: ap

US-Präsident Donald Trump wird in die Geschichtsbücher eingehen. Allerdings nicht als der Mann, der den Nahen Osten befriedet hat, wie er es zum Amtsantritt vor einem Jahr vollmundig versprach, sondern als der US-Präsident, der dem Friedensprozess den Garaus machte.

Er will zur geplanten Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem im Mai persönlich in die „ewig jüdische Hauptstadt“ kommen, wie Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu frohlockt. Damit sei das leidige Thema Jerusalem schon mal vom Tisch, und man könne sich den restlichen offenen Streitpunkten mit voller Aufmerksamkeit widmen. Eigentlich keine schlechte Idee, denn Jerusalem war zentraler Grund für das Scheitern der Verhandlungen in Camp David, damals, vor 18 Jahren, als der Frieden schon so greifbar nah schien. Wären da nur nicht die Palästinenser.

Die wunderbare Freundschaft zwischen Trump und Netanjahu, der Verlust eines um Neutralität zumindest bemühten Vermittlers, gepaart mit der Ohnmacht oder dem Desinteresse vom Rest der Welt lässt den Palästinensern wenig Handlungsspielraum. Vor diesem Hintergrund ist es wenig verwunderlich, dass die Hamas im Gazastreifen darauf dringt, wieder verstärkt auf gewaltsamen Widerstand zu setzen. Und in den Reihen der Fatah im Westjordanland wächst der Druck auf Präsident Mahmud Abbas, die Sicherheitskooperation mit Israels Armee zu beenden.

Hamas und Fatah nähern sich aus Mangel an anderen Verbündeten einander an. Noch nicht deutlich auf der Führungsebene, dazu hängt Abbas zu sehr an seiner Macht, aber ideologisch rücken sie zusammen. Je klarer wird, dass es auf absehbare Zeit keine Verhandlungen geben wird, desto größer die Annäherung der beiden verfeindeten Lager. Ein Ende der Sicherheitskooperation mit Israel käme einer Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes gleich.

Dabei hätte alles so anders sein können. Israel ist der arabischen Welt näher als je zuvor, so Netanjahu und hat damit teilweise sogar Recht. Ein eine Million Dollar schwerer Gashandel mit Ägypten, enge wirtschaftliche Kooperation mit Jordanien und sogar der Austausch nachrichtendienstlicher Geheiminformationen mit Riad – all das hätte die Regierung in Jerusalem nutzen müssen bei Verhandlungen mit Abbas.

Ausgangslage war besser als zu Camp David-Zeiten

Mit Unterstützung arabischer Staaten hätte man ihn möglicherweise kompromissbereiter stimmen können bei den für die Palästinenser besonders schmerzlichen Fragen, etwa den Gebietsaustausch, die Siedlungsblöcke und Israels militärische Präsenz im Jordantal. Hätten Israels ehemaliger Ministerpräsident und Verhandlungschef Ehud Barak damals in Camp David solch einflussreiche Partner gehabt, würden tausende Opfer der Zweiten Intifada vielleicht heute noch am Leben sein.

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1961 in Berlin geboren und seit 2021 Co-Leiterin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.

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