Kommentar Freilassung Aung Suu Kyi: Große Erwartungen auf ihren Schultern
Frei wird die Oppositionsführerin auch jetzt nur so lange sein, wie es ihrem Erzfeind, dem Diktator Than Shwe, in den Kram passt.
E s ist ein Grund zum Feiern, dass Aung Suu Kyi wieder in Freiheit ist. Ein Signal für eine Demokratisierung Birmas ist es aber nicht. Zum einen hätten die Militärs die populäre Oppositionspolitikerin gar nicht erst einsperren dürfen. Zum anderen sitzen in Birma immer noch über 2.000 politische Gefangene hinter Gittern - und die Menschenrechtsverletzungen im Lande gehen weiter.
Die Junta hat Suu Kyi vor allem deshalb freigelassen, um von der Kritik abzulenken, die die Wahlen vom 7. November weltweit auf sich gezogen hatten. Die Stimmen, die den Urnengang "massiv manipuliert" und "illegitim" nannten, sind noch nicht verstummt. Doch ein Zeichen, dass das Regime einknickt, ist die Freilassung deshalb noch nicht. Die Generäle, allen voran Juntachef Than Shwe, lassen keinen Zweifel daran, wer die Regeln bestimmt. So legten sie es von Anfang an darauf an, Suu Kyi von den Wahlen fernzuhalten. Nur zu gut wussten die Militärs, dass sie keine Chance gehabt hätten, wäre der Urnengang wie zuletzt 1990 frei und fair und Suu Kyi auf freiem Fuß gewesen.
Frei wird die Oppositionsführerin auch jetzt nur so lange sein, wie es ihrem Erzfeind, dem Diktator Than Shwe, in den Kram passt. Sollten er und sein Regime Suu Kyis offensichtlich ungebrochene Popularität als Bedrohung der eigenen Macht empfinden, werden sie wieder einen neuen Vorwand finden, um die Friedensnobelpreisträgerin festzunehmen.
Dass Suu Kyi jetzt "ohne Auflagen" freigelassen wurde, bedeutet rein gar nichts. Ähnliches war ihr schon 2002 zugesagt worden. Nur ein Jahr später wurde sie erneut verhaftet, nachdem ihr Autokonvoi von juntatreuen Schlägertrupps attackiert worden war. Danach nahmen die Militärs Suu Kyi in "Schutzhaft" - allen internationalen Protesten zum Trotz.
Der Junta spielt in die Hände, dass auf Suu Kyis Schultern zu viele Erwartungen ruhen. Viele im Volk sehen die grazile Frau mit dem eisernen Willen als die Einzige an, die imstande sein könnte, die zersplitterte Opposition zu einen und eine Aussöhnung mit den ethnischen Minderheiten herbeizuführen. Eine solche Mammutaufgabe aber kann kein Mensch allein bewältigen. Zumal dann, wenn seine Freiheit von der Gunst eines grausamen Regimes abhängt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!