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Kommentar Freie Wähler und Olaf HenkelPolitischer Selbstmord

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Mit Henkel haben die Freien Wähler einen Marktliberalen adoptiert, der in Bayern eine Koalition mit SPD und Grünen ausschließt. Er wird sie 2013 ins Aus katapultieren.

W as sich zwischen Hans-Olaf Henkel und den Freien Wählern anbahnt, könnte wie eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil wirken. Das neue politische Engagement des 71 Jahre alten Talkshow-Dauergasts ist eitler Selbstzweck. Aber für die bundesweit agierende Wählergemeinschaft kommt diese Allianz einem politischen Selbstmord gleich.

Die Freien Wähler sind ein zwar bundesweit aufgestellter, im Kern jedoch lokal agierender Zusammenschluss. Wer hier Mitglied wird, hat die Nase voll von etablierter Parteipolitik und will konkrete Kommunalpolitik machen. Eine neue Kläranlage für die Gemeinde bauen, die Umgehungsstraße verhindern oder das Windrad wegklagen.

Von den Inhalten eines Hans-Olaf Henkel sind die 280.000 Mitglieder weit entfernt. Transnationale Überlegungen wie Henkels "Europa der Vaterländer" oder die "Rettung französischer Banken durch den deutschen Steuerzahler" dürften seltener an den Wirtshaustischen diskutiert werden.

Bild: Thomas Winkler
ANJA MAIER

ist Parlamentskorrespondentin der taz.

Insofern gleicht das Engagement von Hans-Olaf Henkel in seiner "neuen politischen Heimat" eher einer feindlichen Übernahme.

Hans-Olaf Henkel ist ein profilneurotischer Herr, der sich und seinen Einfluss auf die FDP grandios überschätzt hat. Und nun kuschen sie in der Eurofrage und winken aus Koalitionsräson alles durch, was die Kanzlerin fordert, statt zu tun, was der ehemalige BDI-Chef ohne Amt und Funktion für richtig hält. Seine Kränkung ist so groß, dass er nun sogar Mitglied der Freien Wähler wird.

Kratzt das die FDP? Ja, sie bräuchte jede Unterstützung. Aber sie scheitert auch ohne Henkel. Bedenklicher ist die Prognose für die Freien Wähler. Mit Henkel haben sie einen Marktliberalen adoptiert, der in Bayern eine Koalition mit SPD und Grünen ausschließt. Er wird sie 2013 endgültig ins politische Aus katapultieren.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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16 Kommentare

 / 
  • J
    Jeremias

    Wie komme ich aus dem Hamsterrad? Indem ich mich beherzt aus dem Hamsterrad fallen lässt. Geht zwar nicht ohne Blessuren ab, aber ist das Hamsterrad eine bessere Alternative?

    Die FDJ-Sekretärin für AgitProp (Agitation und Propaganda; ein Euphemismus für das Belügen des Volkes) Angela Kasner setzt jeden massgebenden Politiker(Bundesvorsitzender einer Partei) auf das Gleis der etablierten Parteien. Und wem dienen die "etablierten Parteien"? Und wohin führt dieses Gleis?

    Die FDP hat ihre Eigenständigkeit schon längst an der Garderobe abgegeben. Aus diesem Grunde ist das "Frei" in ihrem Namen nur noch ein Euphemismus. Sie ist ein Teil des CDUCSUSPDGrünenLinke-Einheitsblock.

    Jede neue Partei kann keine schlimmeren Entscheidungen treffen als der Einheitsblock.

    Ich möchte nur zu gerne mal den Peitschenmann sehen, der in der Wahlkabine hinter dem Wahlbürger steht. Wahlbürger nimm mal den Helm ab, damit dein Gehirn mal richtig frische Luft atmen kann. Lass dich nicht ins Bockshorn jagen. Der EURO ist mausetot und Europa lebt trotzdem noch. Der EURO braucht Europa, aber Europa ist nicht auf den EURO angewiesen.

    Es ist wie mit der Natur: Der Mensch braucht die Natur, aber die Natur ist ohne den Menschen weiterhin Natur.

    Die TAZ braucht die Deutschen, denn nur wer deutsch kann, kann die TAZ lesen. Aber die Deutschen brauchen die az nicht. Es gibt soviel zu lesen, da fällt das Fehlen der TAZ gar nicht auf.

  • WF
    Werner F.

    Wie können sich die Freien Wähler nur so einen wie Henkel ins Boot holen!

     

    Der war Europachef von IBM!

     

    Ein Kapitalist!

     

    Pfui Teufel - dem würde ich nicht mal die Hand geben!

  • O
    ottissimo

    Wie kann man sich nur solch einen Kotzbrocken in´s Boot holen?

  • W
    Waldler

    Im Gegenteil. Ohne Henkel hätte ich nicht einmal im Traum daran gedacht, die FW zu wählen. Nach dem Selbstmord der FDP sind die FW mit Henkel durchaus eine Option.

  • H
    Hasso

    Noch ein Uneinsichtiger mehr-, wird der FDP wohl endgültig den "Genickschuss" verpassen. Jeder bekommt das, was er verdient! Die FDP hat wirklich nur das in ihren Reihen, was das Volk mit Sicherheit nicht braucht. Genau diese neoliberale Politik, hat die Welt doch dahin geführt wo sie heute steht, nämlich in der Sackgasse.Anstatt einzusehen, das diese Politik nicht weiter fortzuführen ist, will man mit dem Belzebub den Teufel austreiben.

  • D
    Dhimitri

    @ A.Grech

     

    Geht nächstes Jahr nicht sowieso die Welt unter?

  • A
    antiantiantianti

    Benutzen sie etwa Wirtshaustische um nicht Stammtische zu sagen was man den Rechten zuschreibt?

     

    Machen sie doch zuerst mal eine sachliche Analyse bevor sie jemanden einfach nur diffarmieren, sonst sieht der Leser eine Profilneurose eher beim Autor.

  • S
    Schattenfels

    "Transnationale Überlegungen wie Henkels "Europa der Vaterländer" oder die "Rettung französischer Banken durch den deutschen Steuerzahler" dürften seltener an den Wirtshaustischen diskutiert werden."

     

    Geld hat die Menschen noch nie interessiert. Erst recht nicht, wenn man es Ihnen wegnimmt oder es kaputtinflationiert. Auch die rasante Machtverlagerung nach Brüssel und das ständige Überstimmtwerden des Nettozahlers Deutschlands z.B. im EZB-Rat interessiert doch kein Schwein? Vielleicht besuchen Sie mal ein paar Wirtshäuser, dass wäre immerhin schon fast investigativer Journalismus. Dann ließen sich auch solch grandiose Fehleinschätzungen verhindern. Ich empfehle der Autorin, es in der Zukunft bei Kolumnen über Bioessen, Kindergartenplätze oder vermeintlich chauvinistische Piraten bewenden zu lassen... SchusterIn, bleib bei Deinen Leisten!

  • D
    Domenq

    "Man" denkt darüber nach, Herrn Paul Kirchhof in Stellung zu bringen.

     

    Neben manchen guten Ideen ist dieser Herr jedoch so "verbeamtet", verträumt und weltverfremdet, dass der allein schon den Karren an die Wand führe.

     

    Dekaden der Saturiertheit haben sein Denken "vereinfacht".

  • LF
    Landesverband Freie Wähler Berlin

    Man kann mit Fug und Recht die Frage stellen, ob über die Hinterfragung "alternativloser" Rettungsschirme hinaus die marktliberalen Thesen Henkels und die eher sozial orientierten Werte der Freien Wähler zuammenpassen. Die Prognose, dass Henkel die Freien Wähler "2013 endgültig ins politische Aus katapultieren" wird, ist aber ein Sch(l)uss mit der Schrotflinte. Denn 2013 wird sowohl in Bayern gewählt als auch im Bund.

     

    Richtiger wäre daher die Frage, ob die Freien Wähler ihre Position im bayr. Landtag ausbauen wollen (dann evtl. besser ohne Henkel), oder ob sie die Priorität auf den Einzug in die Bundes- und Europapolitk legen - mit Henkels Angriffen auf die Euro-Rettungspolitik.

     

    Die Entscheidung des Bundesvorstands, es mit Henkel zu versuchen, wäre daher eine eingehendere bundespolitische Untersuchung der taz Wert gewesen. Schade.

  • MC
    Margarita Cupé

    O, o - ich wusste nicht, dass TAZ-Redakteure so basisfern sind. Wer schreibt, die Themen Banken, Europa oder Euro "dürften seltener an den Wirtshaustischen diskutiert werden", war wohl schon lange nicht mehr in der Kneipe. Es ist dort Hauptgesprächsthema! Möge sich die TAZ doch bitte mal aus der warmen Redaktionsstube ins erhitzte Wirtshaus bewegen...

  • D
    d.m.porcedda

    hat man denn mal die Mitglieder der FW gefragt, was sie von einem Herrn Olaf Henkel in führender Position bei den FW halten?

     

    Als normales Mitglied darf Herr Henkel sich jede Partei zu seiner neuen politischen Heimat auserkoren. Das ist sein gutes Recht. Aber ein Herr Henkel wird sich nicht unauffällig in die hinteren Reihen setzen.

     

    So kommt er nun ohne Neugründung einer Partei auch so an eine eigene. Und Herr Aiwanger läßt das anscheinend so passieren. Bliebe dazu die Frage: Warum?

  • W
    wauz

    Das gibt doch eine schöne Gelegenheit, Plakate kreativ weiterzuentwickeln: "Mit Henkel zum Wegschmeißen!"

  • A
    A.Grech

    "Er wird sie 2013 endgültig ins politische Aus katapultieren."

     

    Wer kann heute angesichts der eskalierenden Lage von Euro und EU eine seriöse Prognose für 2013 abgeben?

     

    Niemand, und ganz sicher auch keine taz-Redakteurin.

  • V
    vic

    Eine "freie" Partei mit Henkel, ist keine freie Partei.

    "Er wird sie 2013 ins Aus katapultieren"?

    Gerne auch früher.

  • J
    Jason

    "FRANK HENKEL WIRD DIE FREIEN WÄHLER INS AUS KAPITULIEREN"

    --> Finde den Fehler :-)