Kommentar Freie Wähler und Olaf Henkel: Politischer Selbstmord
Mit Henkel haben die Freien Wähler einen Marktliberalen adoptiert, der in Bayern eine Koalition mit SPD und Grünen ausschließt. Er wird sie 2013 ins Aus katapultieren.
W as sich zwischen Hans-Olaf Henkel und den Freien Wählern anbahnt, könnte wie eine Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vorteil wirken. Das neue politische Engagement des 71 Jahre alten Talkshow-Dauergasts ist eitler Selbstzweck. Aber für die bundesweit agierende Wählergemeinschaft kommt diese Allianz einem politischen Selbstmord gleich.
Die Freien Wähler sind ein zwar bundesweit aufgestellter, im Kern jedoch lokal agierender Zusammenschluss. Wer hier Mitglied wird, hat die Nase voll von etablierter Parteipolitik und will konkrete Kommunalpolitik machen. Eine neue Kläranlage für die Gemeinde bauen, die Umgehungsstraße verhindern oder das Windrad wegklagen.
Von den Inhalten eines Hans-Olaf Henkel sind die 280.000 Mitglieder weit entfernt. Transnationale Überlegungen wie Henkels "Europa der Vaterländer" oder die "Rettung französischer Banken durch den deutschen Steuerzahler" dürften seltener an den Wirtshaustischen diskutiert werden.
ist Parlamentskorrespondentin der taz.
Insofern gleicht das Engagement von Hans-Olaf Henkel in seiner "neuen politischen Heimat" eher einer feindlichen Übernahme.
Hans-Olaf Henkel ist ein profilneurotischer Herr, der sich und seinen Einfluss auf die FDP grandios überschätzt hat. Und nun kuschen sie in der Eurofrage und winken aus Koalitionsräson alles durch, was die Kanzlerin fordert, statt zu tun, was der ehemalige BDI-Chef ohne Amt und Funktion für richtig hält. Seine Kränkung ist so groß, dass er nun sogar Mitglied der Freien Wähler wird.
Kratzt das die FDP? Ja, sie bräuchte jede Unterstützung. Aber sie scheitert auch ohne Henkel. Bedenklicher ist die Prognose für die Freien Wähler. Mit Henkel haben sie einen Marktliberalen adoptiert, der in Bayern eine Koalition mit SPD und Grünen ausschließt. Er wird sie 2013 endgültig ins politische Aus katapultieren.
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