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Kommentar FrankreichHollande hält sein Versprechen

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die Hälfte des neuen Kabinetts in Frankreich besteht aus Frauen. Trotzdem bleiben die "harten" Ministerien selbstredend in Männerhand.

K aum wurde die Zusammensetzung der neuen französischen Regierung bekannt gegeben, wurde sofort nachgezählt und siehe da: Präsident François Hollande hat sein Versprechen gehalten. 17 Mitglieder des 34-köpfigen Ministerkabinetts sind Frauen. In Frankreich herrscht damit Parität.

In der Republik, die Gleichheit – zusammen mit der Freiheit und Brüderlichkeit – zur Staatsdevise erhoben hat, ist das ein Fortschritt. Denn de facto haben es die Politikerinnen trotz einer gesetzlich verordneten Gleichstellung bei Wahlen immer noch schwer, die männlichen Platzhirsche und Provinzbarone auszustechen. Es spricht für sich selbst, dass es auch in diesem Land weiterhin eine Ministerin für die Belange und Rechte der Frauen braucht.

Die Außenpolitik, die Verteidigung, die innere Sicherheit und die Polizei, die Landwirtschaft und vor allem die Verantwortung für die Finanzen und die Volkswirtschaft, samt Außenhandel und Staatshaushalt – all das bleibt selbstredend eine Männerdomäne. Die Familie, die Jugend, die Gesundheit, das Soziale, die Behinderten und die Kultur dagegen werden indessen getrost weiblicher Obhut anvertraut.

Bild: taz
Rudolf Balmer

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Auch dieses Mal ist der Regierungschef wieder ein Mann, und die erste Frau in der offiziellen Rangordnung kommt mit Justizministerin Christiane Taubira auf den vierten Platz.

Es wäre indes ungerecht, nicht auch auf signifikante Fortschritte hinzuweisen. Es brauchte immerhin einen Machtwechsel, um wenigstens diese Parität in der Regierung zu verwirklichen. Im Team von Jean-Marc Ayrault wird zudem nicht nur den Frauen, sondern ebenfalls dem Nachwuchs eine Chance gegeben.

Wer nach Hollandes Wahlsieg eine Rückkehr der sozialistischen „Elefanten“ befürchtet hatte, konnte aufatmen. Außenminister Fabius verkörpert als Einziger die Mitterrand-Ära. Dieser Generationenwechsel ist nicht unwesentlich für eine Regierung, welche laut Hollande die Jugend ins Zentrum ihrer Anstrengungen stellen möchte.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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3 Kommentare

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  • W
    Wolfram

    Vor etwa anderthalb Jahren bin ich einer Frau begegnet, Sozialistin war sie übrigens auch, die vor vielen Jahren schon Premierministerin war. Aber wer erinnert sich schon noch an Edith Cresson?

    Amüsant, daß sie in ihrer Laudatio (es ging um die Légion d'Honneur eines ehemaligen Ministers) tatsächlich sagte, der Geehrte wäre intelligent und noch dazu Sozialist.

    Aber um aufs Thema zurückzukommen: Frankreich ist eines der wenigen Länder Europas, das bereits eine Verteidigungsministerin hatte. Sie ist gestürzt über einen der vielen kleinen Skandale, die in Deutschland eine richtige Regierumgskrise ausgelöst hätten, hier aber normal sind. Warum also nun krakeelen, weil nicht wieder eine Frau dieses Ressort leitet - zumal in einer Regierung, die nur sechs Wochen lang im Amt sein wird?

    Und sowieso: Wie rückständig ist es denn bitte, das Geschlecht zum Qualitätsmerkmal zu machen? Wenn ich überlege, wem ich dieses oder jenes Ministerium anvertrauen kann, dann frage ich mich, was die einzelnen Menschen im Kopf haben - was sie in der Hose oder der Bluse vorweisen können, darum mag sich DSK kümmern. Damit macht man aber keine Politik.

  • VG
    Versprechen gehalten?

    Sein "Versprechen"? Ich dachte sein Versprechen wäre Frankreich vor dem finaziellem Ruin und einer gesellschaftlichen Explosion zu retten? Das halten DIESES Versprechens wäre mir echt wichtiger als die Muschiquote. Ist allerdings nicht so einfach umzusetzen. Erst recht wenn man erst einmal klassisch links regieren will und nach Plan wiederholt was die Griechen vorgemacht haben. Villeicht hat Holland als er den Weg Deutschlands meinte nur die Genossen in NRW im Auge gehabt: 32 von 268.893 Stellen im öffentlichen Dienst eingespart(hahahaha), allein dieses Jahr bis März 1,8 Milliarden(!!!) neue Schulden gemacht, gerade erst in letzter Minute vom Verfassungsgericht den Haushalt wegen Überschuldung gestoppt bekommen....

    Ja so geht das. Zusammen mit einer rot-grünen Regierung könnte man dann auch etwas Verfassungsbruch begehen. Am Ende stehen wir wie die Griechen da, was aber kein Problem ist, da uns die neuen "Zuwanderer" wie rumänische Roma und die bereits bewährten orientalischen Talente aus der Patsche helfen. Versprochen!

  • V
    Verbalflatologe

    Na und?

     

    Letztendlich zählt doch nur, ob sie für ihren Posten geeignet sind, oder nicht.

     

    Man sollte jeder/m unterstellen können, er/sie hätte auch einen Blick für die Bedürfnisse jener, die nicht die eigenen (irrelevanten) Merkmale aufweisen.

     

    Wenn es nicht so wäre, sollte für alles eine Doppel- oder Endlosspitze eingerichtet werden. Angela Merkel ist eine Frau. Also könnte sie mich nicht politisch "repräsentieren". Gleiches gilt natürlich für Kristina Schröder und Arbeitsfeministerin Ursula von der Leyen. Guido Westerwelle ist schwul, während ich tendenziell hetero bin. Also hinfort mit ihm, oder jemand mit meinen Präferenzen an seine Seite! Schäuble ist behindert. Ich bin es weitestgehend nicht. Wie will er also wissen, was meine Befürfnisse hinsichtlich der Verwendung von Steuermitteln sind? Vizekanzler und Wirtschaftsminister Rösler hat ethnisch einen anderen Hintergrund als ich. Wie will er also in meinem Sinne verstehen, was wirtschaftlich sinnvoll ist?

     

    Machen wir uns nichts vor: Kompetenz sollte das einzige Auswahlkriterium für Posten sein. Das Konzept der "Repräsentation" taugt nichts - höchstens dazu, um von persönlichen Unzulänglichkeiten abzulenken. Was ist es mehr als ein zeitgeistkompatibler Gefälligkeitscode?