Kommentar Frankreich-Iran-Deal: Sieg für Ahmadinedschad
Frankreichs Führung hat sich mit dem "Gefangenenaustausch" auf die Ebene des iranischen Regimes begeben - und bezahlt dafür im Inland einen hohen politischen Preis.
In einem Interview mit dem französischen Fernsehen machte der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad keinen Hehl daraus, welchen Gegenleistung er sich für die Freilassung der Französin Clotilde Reiss wünschte. Ungeniert sprach er von den in Frankreich inhaftierten Iranern und deutete eine Art "Gefangenenaustausch" an. Nicolas Sarkozy verstand die Offerte und zeigte sich empört, "einen Mörder gegen eine unschuldige Studentin auszutauschen". Genau das aber ist nun geschehen.
Sich erpressen zu lassen ist peinlich genug. Doch es wird zum politischen Problem, wenn die Pariser Staatsführung diesen Umstand nun dreist in Abrede stellt. Viel glaubwürdiger als ihre hohlen Dementi erscheint folgende Erklärung: Die Freilassung eines ersten Iraners, Madschid Kakawand, einige Tage vor der Rückkehr der Französin Clotilde Reiss war eine Art Anzahlung. Mit der Haftentlassung des Bachtiar-Mörders Ali Vakili Rad wurde die Rechnung vollständig beglichen. Damit hat sich die französische Führung auf die Ebene des iranischen Regimes begeben - und bezahlt dafür im Inland einen hohen politischen Preis: Die Mehrheit der Franzosen fühlt sich zu Recht für dumm verkauft.
Dass europäische Regierungen von "Schurkenstaaten" erpresst werden können, ist nicht neu, und dass Frankreich und andere Staaten am Ende bezahlen, auch nicht. Im Falle der bulgarischen Krankenschwestern, die in Libyen zu Geiseln wurden, störte es Sarkozy nicht, den Preis für das "Lösegeld" in die Höhe zu treiben, um sich als Befreier feiern zu lassen. Die nicht minder medienwirksame Befreiung von Clotilde Reiss bekam er vergleichsweise günstig, doch feiern lässt sich der Präsident lieber nicht. Im Unterschied zu Gaddafi ist Ahmadinedschad noch kein salonfähiger Kunde für Frankreichs Atomtechnologie.
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