Kommentar Flut in Australien: Brisbane vor der Haustür
In Brisbane geht die Mittelklasse eines Industriestaats unter. Das zeigt uns, auch wenn diese Flut nichts mit dem Klimawandel zu tun hat, was uns noch blühen kann.
D ie Bilder aus Australien sind verstörend. Doch auch in Sri Lanka, Brasilien und den Philippinen gibt es Überschwemmungen. Das sind Katastrophen, bei denen mehr Menschen sterben als im relativ reichen Queensland. Trotzdem schauen wir gebannt nach Brisbane. Und dafür gibt es einen Grund.
Denn so weit entfernt Australien auch ist, es liegt uns doch sehr nah: ein Industrieland mit Häusern, die eigentlich dem Regen widerstehen, mit Meteorologen, die warnen, Politikern, die die Risiken kennen, und Rettungsdiensten, die normalerweise schnell zur Stelle sind. Australien ist nicht Pakistan. Vor allem die armen Länder leiden unter Stürmen, Fluten und Seuchen: Wer arm ist, kann sich am wenigsten wehren.
Die Fluten von Brisbane sind keine direkte Folge des Klimawandels. Aber sie zeigen, was auch uns nach Klimaprognosen blühen kann. Bisher kommt die Klimapolitik auch deshalb nicht voran, weil die Verursacher des Problems die Konsequenzen zuletzt zu spüren bekommen. Normalerweise leiden die Habenichtse dieser Welt. Brisbane ist anders: Hier geht die Mittelklasse eines Industriestaats unter.
BERNHARD PÖTTER leitet das taz-Ressort "Wirtschaft und Umwelt".
Das schafft Nähe. Und es macht uns bewusst, dass unsere heimliche Überzeugung, wir seien unverwundbar, nichts taugt. Der Schock des Desasters von New Orleans 2005 waren nicht nur die Toten, sondern der Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung, die Inkompetenz der Politik und die Spaltung in Reich und Arm, was Rettung oder Untergang anging - all das im reichsten Land der Welt.
Auch Brisbane vermittelt uns eine Ahnung davon, dass "Opfer des Klimawandels" kein Begriff ist, der sich immer nur auf andere bezieht - auch auf unserer Insel der Seligen kann der Wasserstand sehr schnell steigen.
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