Kommentar Flüchtlingshetze: Stimmungsmache gegen Ausländer
Wenn die Boot-ist-voll-Äußerungen des Bramscher Lagerleiters keine Propaganda sein sollten, sind sie ein Rücktrittsgesuch.
W ir sind voll bis Oberkante Unterlippe. Personell stoßen wir bereits jetzt an unsere Grenzen. Der Abfluss in die Kommunen muss schneller werden. Die Kommunen sind auch voll. Ansturm, Andrang, das große Gedränge … bestimmt wären Conrad Bramm noch mehr Ausdrücke eingefallen.
Bloß hätte er damit den Rahmen einer Zeitungsseite gesprengt: Bramm ist der Kommandant, pardon!, Leiter des Asylbewerberlagers von Bramsche. Und unklar ist, ob sein persönlicher Fremdenhass oder ein Wunsch des Innenministers seine Äußerungen motiviert hat. Letzteres würde ihre rein rhetorische Qualität erklären. Denn die tritt zutage, sobald man die Brammschen Boot-ist-voll-Sprüche mit der Wirklichkeit abgleicht: Während vor 20 Jahren im Lager Bramsche 3.500 AsylbewerberInnen untergebracht waren, sind Bramm schon die 600 heutigen Insassen zu viel – verständlich ist das nicht.
Es sei denn, der gute Herr Bramm hätte gar nicht als Propagandist des Innenministers und seiner Partei fungiert, die schon oft Wahlkämpfe mit Überfremdungsangst befeuert hat, sondern nur seine schlichte Überforderung artikuliert. Dann wären seine Äußerungen ein Entlassungs-Gesuch. Dem sollte Uwe Schünemann eilig nachkommen – schon um das Gerücht zu entkräften, er bediene sich seiner nachgeordneten Behörden, um zu hetzen und Stimmung zu machen. Gegen Ausländer. Und für die CDU.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an