Kommentar Finanzmarktkontrolle der SPD: Zu glatt, um wahr zu sein

Der Wechsel der SPD von Schröderschen Neoliberalismus light zu klassischem sozialdemokratischem Staatsvertrauen ist zu glatt um wahr zu sein.

Die SPD will Hedgefonds kontrollieren und die Steuern für Reiche erhöhen. Sie will Managergehälter begrenzen, Steueroasen dichtmachen und eine Börsenumsatzsteuer einführen. Diese Forderungen stammen nicht aus einem Juso-Papier, das die Ministerriege mit abfälligem Lächeln beiseitewischt, sondern von der Ministerriege selbst. Die SPD rückt nach links - nicht verhuscht, sondern demonstrativ.

Damit nutzen Steinmeier und Steinbrück gezielt eine Schwäche von Merkel & Co aus. Die Union schlingert derzeit zwischen einem ideologisch betonierten, konservativen Antietatismus und staatlichen Rettungsfantasien à la Rüttgers. Da liegt es nahe, den Konkurrenten vor sich herzutreiben. Zudem versucht die SPD ein Thema zu okkupieren, das wahlentscheidend werden kann: Gerechtigkeit. Bis dato wurde die Krise als etwas verstanden, das noch nicht wirklich weh tut und das der Staat irgendwie schon in den Griff bekommen soll. Das wird sich ändern. Wenn die Krise unten ankommt, wird auch der bislang auffällig abwesende Zorn auf Manager und Banker wachsen, die noch im Crash verdienen.

Auf der Ebene des politischen Spiels ist Steinbrücks und Steinmeiers Konzept zur Finanzmarktregulierung ein Coup. Allerdings sind Zweifel angebracht, ob die SPD-Spitze ihre eigenen Ideen wirklich ernst nimmt. Jede Läuterung wirkt ja nur überzeugend, wenn sie von Selbstkritik und ein wenig Zerknirschung beglaubigt wird. Doch davon findet sich bei der SPD-Spitze keine zarte Andeutung. Kein Wort davon, dass man die Hedgefonds, die man nun an die Leine nehmen will, selbst erst zugelassen hat. So mag es ein schöner Nebeneffekt der Finanzkrise sein, dass die innerliche zerrissene SPD sich mit sich selbst versöhnt. Doch dieser Wechsel von Schröderschen Neoliberalismus light zu klassischem sozialdemokratischem Staatsvertrauen ist zu glatt, zu geräuschlos, um wahr zu sein. Zudem fragt sich, mit wem Steinmeier Börsenumsatzsteuer und Mindestlohn durchsetzen will. Laut offizieller Parteilinie - mit der FDP. Wer das glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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