Kommentar Finanzhilfen Portugal: Monströse Ratingagenturen
Beim Umgang der Ratingagenturen mit Portugal zeigt sich eines deutlich: Ein Land wird so lange stranguliert, bis die EU die Sicherheiten für die Schuldendienste übernimmt.
D ie internationalen Ratingagenturen treiben im Auftrag ihrer Kunden aus der Finanzwelt ein Land nach dem anderen in den Ruin, und die EU schaut tatenlos zu. Jetzt hat es Portugal erwischt. Sicher hat die Regierung in Lissabon nicht alles richtig gemacht. Sicher gilt das auch für Irland, noch mehr für Griechenland.
Die Regierung des portugiesischen Sozialisten José Socrates hatte überhaupt keine Chance. Sie hat frühzeitig ein Sparpaket und Steuererhöhungen verabschiedet mit dem Ziel, das Defizit in den kommenden drei Jahren wieder in den Griff zu bekommen. Die Rechnungen sahen gar nicht so schlecht aus. Doch dann setzten die Ratingagenturen die Note herunter. Die Ersparnisse gingen für den Schuldendienst drauf.
Der nächste Einschnitt ins Sozial- und Rentensystem wurde noch gewichtiger. Das Ziel blieb das gleiche. Und wieder sank die Note. Das Ganze hat sich so insgesamt viermal wiederholt. Bis die Regierung zurücktreten musste, da sie keine Mehrheit mehr im Parlament zusammenbrachte und die Zinsen für Staatsanleihen auf über 10 Prozent stiegen.
Für die Ratingagenturen, gegen deren Machenschaften übrigens mittlerweile im benachbarten Spanien Klage eingereicht wurde, ist es ein sicheres Geschäft. Ein Land wird so lange stranguliert, bis die EU die Sicherheiten für die absolut überzogen Schuldendienste übernimmt.
Den Kapitalismus neu gründen, hieß das Motto, nachdem die Spekulanten die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrundes getrieben hatten. Mit Steuergeldern wurde den Banken unter die Arme gegriffen, ohne deren Geschäftsgebaren einzuschränken oder wenigsten etwas zu reformieren. Jetzt, wo sie wieder auf den Beinen sind, machen sie deutlich, wer das Sagen hat, und verdienen - völlig ungestört - mehr denn je. Das nächste Opfer kommt bestimmt.
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