Kommentar "Familienmonitor": Flexible Eltern für die Wirtschaft
Global zeichnet sich die Neuverteilung der Arbeit vor allem dadurch aus, dass Frauen mehr tun.
I n Deutschland zeigt sich in der Krise besonders scharf, was in der Globalisierung weltweit stattfindet: eine Verschiebung im Verhältnis von Männer- und Frauenarbeit. Die Jobs der Männer, die früher den "Familienlohn" einbrachten, werden prekär, während mehr Frauen in den Arbeitsmarkt einwandern. Der "Familienmonitor", den Familienministerin Ursula von der Leyen am Dienstag vorstellte, zeigt, dass die Botschaft bei den Familien angekommen ist: Sie brauchen zwei Jobs, um sich halbwegs absichern zu können.
Das kann zu einer gerechteren Verteilung der Familienarbeit führen, wie Frau von der Leyen angesichts der neuen Väterzeitler frohlockt, muss es aber nicht. 18 Prozent Väter, die zwei Monate aussteigen, beweisen nur, dass diese 18 Prozent rechnen können. Denn ihr Vätergeld würde verfallen, wenn sie die Monate nicht nähmen. Die ganz normale, alltägliche Sorgearbeit um Haushalt und Kinder ist immer noch sehr ungleich verteilt.
Global zeichnet sich die Neuverteilung der Arbeit vor allem dadurch aus, dass Frauen mehr tun: Sie sitzen in Sweatshops, bevor sie sich um ihre Kinder kümmern. Sie werden Putzhilfe in Europa, während Großmütter den Job übernehmen, ihre Kinder zu hüten. In Deutschland bekleidet fast die Hälfte aller Frauen die billigen Jobs im Teilzeit- und Niedriglohnsektor - und bleibt zusätzlich weiter für die Sorgearbeit zuständig. Privilegiertere Frauen arbeiten Vollzeit, während sie eine Migrantin als Putzhilfe und Kinderfrau beschäftigen. Die klassisch weibliche Versorgungsarbeit, die "Care Work", wird irgendwie und suboptimal wegorganisiert. Vom "Care Gap" der "Sorgearbeitslücke" spricht die Ökonomie.
Heide Oestreich ist Redakteurin im Inlands-Ressort der taz und beschäftigt sich mit Geschlechterfragen.
Diese "Care Gap" müsste der Staat schließen, anstatt die Frauen darin sitzen zu lassen. Dazu braucht es ein Gesamtkonzept, das auf der Wertschätzung von "Care" beruhen müsste: einen Turbo-Kitaausbau. Sehr gut ausgebildete und bezahlte ErzieherInnen. Teilzeit auch in guten Jobs, damit Zeit für Sorgearbeit, und zwar für beide Geschlechter bleibt. Das alles müsste der Staat auch mit Gesetzen regulieren.
Aber dieses Gesamtkonzept wird man bei Frau von der Leyen nicht bekommen. Sie schippert exakt auf dem Kurs des Kapitals: Männer und Frauen stehen so flexibel wie möglich der Wirtschaft zur Verfügung, die Care Gap wird notdürftig mit ein paar Kitas verpflastert. Das wars. Und das ist zu wenig.
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