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Kommentar Facebook-GesetzEin wenig albern

René Hamann
Kommentar von René Hamann

Facebook-Freundschaften zwischen Schülern und Lehrern sind per Gesetz untersagt. Es scheint nicht mehr möglich, Dinge ohne das große, väterliche Gesetz zu regeln.

Das Umwerfen von Schachbrettern vor dem regulären Ende der Partie war auch mal verboten ... Bild: gordonBelow / photocase.com

D as Verhältnis zwischen Pädagogen und SchülerInnen ist von jeher ein Schwieriges. Pädagogik ist schon an sich ein umstrittenes Feld. Schlimm wird es, wenn es ins Psychologische geht. Oder sich das Thema mit einem anderen Lieblingsthema kreuzt, nämlich der Frage, wo beginnt Transparenz und wo Überwachung und was hat das alles mit dem Internet zu tun.

In Rheinland-Pfalz, Hauptstadt Mainz, hat man jetzt das ein Gesetz beschlossen, nach dem Lehrer und Schüler keine Facebook-Freundschaften mehr unterhalten dürfen. Daran ist natürlich vieles aberwitzig. Das Aberwitzigste daran ist, dass es in Deutschland nicht mehr möglich zu sein scheint, Dinge ohne das große, väterliche Gesetz zu regeln, so banal sie auch sind. Darf also nicht, weil: steht so im Gesetz.

Dabei wird übersehen, dass aufgeklärte SchülerInnen – also die, die nicht ganz auf den Kopf gefallen sind – ohnehin darauf achten, mit wem sie virtuelle Freundschaften pflegen. Obere, also die sogenannten Autoritätspersonen, fallen da eh durchs Raster. Denn wer will schon, dass Oma oder Frau Mathelehrerin die Absturzfotos vom letzten Samstag sieht? Man muss schließlich nicht mit Leuten befreundet sein, vor denen man sich auch sonst besser in Acht nimmt – schon gar nicht im Internet. Reicht schon, dass Amerika alles weiß.

Nächster Aberwitz: Da bietet ein Unternehmen für virtuelle Unterhaltung ein überall empfangfreies Unterhaltungstool an – ein soziales Netzwerk. Und irgendwelche Provinzregierungen beschließen Gesetze über den Umgang damit. Klar ist Facebook für manche die Welt. Und klar produziert der ominöse Erfolg dieses Netzwerks alle möglichen sozialen Fragen. Aber wie würde man heutzutage ein Gesetz aus dem Jahr 1956 bewerten, nachdem das Umwerfen von Schach- oder Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Brettern vor dem regulären Ende der Partie verboten und also strafrechtlich verfolgbar war? Als ein wenig albern, oder?

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René Hamann
Redakteur Die Wahrheit
schreibt für die taz gern über Sport, Theater, Musik, Alltag, manchmal auch Politik, oft auch Literatur, und schreibt letzteres auch gern einmal selbst.
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13 Kommentare

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  • Die Gesetze gibt es schon - die Landesschulgesetze regeln zB den Datenschutz. Man darf als bekannt voraus setzen, dass fresse-buch-Daten überall landen. Genau das darf eine Lehrkraft weder mitmachen noch unterstützen. Was die Schüler/innen sonst mit fresse buch oä machen, ist Verantwortung der Eltern. Außerdem ist sowas als Konzept mit außerschulischen Partnerfirmen in NRW durch die Schulkonferenz zu genehmigen. Und es gibt Plattformen, die relativ sicher und nicht kommerziell sind. Frage: Ich habve immer noch Schüler/innen, die nicht ins Netz können oder dürfen - soll ich denen einen PC schenken - oder muss ich das dann nicht wg Gleichbehandlung (Art 3 GG) lassen? Und ob ein Kind außerhalb des Unterrichts ins Netz darf, ist auch Sache der Eltern! Da sollte auch die gutmeinenste Lehrkraft aus Respekt vor dem Elternrecht wenigstens mal die Klassenpflegschaft beteiligen - was nach meiner Rechtsauffassung allerdings nicht reicht. Lehrkräfte mit "Oberschulämtern" usw sollten da mal eine schriftliche Stellungnahme einholen, damit sie nachher nicht die disziplinarische Axt schmecken. Vergleiche mit irgendwelchen Spielen usw zeigen, dass der Autor das Thema einfach nicht kapiert. Auch an andern Arbeitsplätzen regelt der Chef den Umgang mit Internet und Datenschutz - soweit es nicht das Gesetz tut. Aufregung und möchtegern-Sarkasmus kann auch ein Zeichen fehlender Kenntnis und mangelden systemischen Verständnissses sein.

  • G
    Gastkommentar2

    BTW: Der Anriss ist auch nicht gegendert.

    "Facebook-Freundschaften zwischen Schülern und Lehrern sind per Gesetz untersagt."

     

    "Dabei wird übersehen, dass aufgeklärte SchülerInnen – also die, die nicht ganz auf den Kopf gefallen sind – ohnehin darauf achten, mit wem sie virtuelle Freundschaften pflegen"

     

    Aber mal was zur Sache. Ich finde das Gesetz richtig gut. Durch die "Freundschaft" kann der Lehrer sehen was die Schüler in der Chronik postet, dies kann Einfluss auf seine Meinung haben und er kann dadurch Schüler schlechter bewerten.

     

    Sie schreiben, das die Schüler die nicht auf den Kopf gefallen sind, das sowieso nicht tun. Aber die anderen laufen Gefahr es zu tun und dadurch können sie ungerecht und und gleich behandelt werden. So haben diese ein Vorteil die es wissen oder elterlich aufgeklärt werden und die anderen haben Nachteile.

     

    Im Grunde gibt es genau in diesem Punkt wieder diese sozialen Unterschiede, welche in allen Studien beklagt werden!

  • G
    gastkommentar

    "Das Verhältnis zwischen Pädagogen und SchülerInnen ist von jeher ein Schwieriges."

     

    Warum wird hier willkürlich gegendert?

    Die Authoritätsperson, hier der Pädagoge ist im Täterstil maskulin. Die untergebenen SchülerInnen gegendert…

  • Albern? Finde ich nicht. Meine Töchter sind nicht in FB, haben sich schon darüber beschwert, dass bestimmte offizielle Infos von Lehrern über diesen Kanal verbreitet wurden und sie deshalb Nachteile in Kauf nehmen mussten.

  • S
    Schlump23

    Es geht hier doch nicht darum, wie persönlich eine Beziehung zwischen Schüler und Lehrer sein darf! Es geht um eine klare Abgrenzung zu einem profitorientierten Unternehmen, das persönliche Daten zu kommerziellen Zwecken auswertet. Schüler und Eltern sollen machen, was sie wollen, aber es gehört zum Bildungsauftrag der Schulen, kritische Verbraucher heranzubilden und nicht mit schlechtem Beispiel voranzugehen.

  • Es spricht nichts gegen Facebook-Kontakte zwischen LehrerInnen und SchülerInnen. Nur will man nicht alles mit allen anderen teilen.

    So ist es selbst in Facebook möglich einzustellen, dass die Fotos vom letzten Klassenausflug für Freunde und Lehrer sichtbar sind, aber die Fotos von der Geburtstagsparty der Schüler ebenso wenig mit den Lehrern geteilt werden wie die Urlaubsfotos der Lehrer die Schüler etwas angehen.

    Viele LehrerInnen verwenden dazu einfach zwei Profile.

    Gesetze, die da starre Vorschriften machen sind hier wirklich deplatziert.

    • @Velofisch:

      ich teile die Ansicht, dass Gesetze in diesem Metier reichlich "altfränkisch" wirken, aber war es nicht so, dass eine Reihe Lehrer UND Schüler vergessen hatten - oder schlicht überfordert waren - die notwendigen Grenzen zu ziehen. Was will eine Schulverwaltung machen, wenn sie gleichzeitig - durch andere Gesetze - auf die Schul- und Erziehungsaufgaben rechtlich verpflichtet ist?

    • T
      TVLuke
      @Velofisch:

      Die Idee gefällt mir (zwei Profile) Lehrer könnten dann Schülern zeigen, was sie alles sehen können (und nicht sehen sollten) und Schüler würden, aus ganz praktischen Gründen, lernen wie man die Tools dieses Zeitalters richtig nutzt. Natürlich kann auch jeder Schüler einfach einen zweiten Account anlegen, den er für seine Schulzeit nutzt.

  • UM
    Uwe Manfred

    Der Regelungswahn kennt keine Grenzen ... Ich bin selbst Pädagoge und halte es für imminent WICHTIG mit meinen Jungendlichen auch in FB befreundet zu sein. So kann ich viel besser verstehen was diese Umtreibt etc.! Es geht NICHT um Kontrolle! ... dieses Verbot erinnert mich an eine Karikatur von Greser und Lenz: Rettet die Faustkeilindustrie ... zu lachen, wenn es nicht s ernst wäre.

    • G
      GAST
      @Uwe Manfred:

      Und wie ist es,wenn ein Schüler mit dem Lehrer nicht auf FB "befreundet" sein will?

       

      Werden hieraus irgendwelche Schlüsse gezogen?

       

      Muss dann ein Schüler mit zwei Profilen "agieren"?

       

      Nehmen Sie es bitte nicht persönlich,aber es gibt durchaus Lehrer,die gerne als Freunde auftreten,um bei nächster Gelegenheit mit den Eltern einiges besprechen zu können.Ich habe meiner Klassenlehrerin so einiges zu verdanken,sowohl fachlich als auch menschlich-dass ich aber z.B seit dem 16. Lebensjahr geraucht habe,hätte ich mit ihr nie geteilt.

  • B
    benbehr

    Ich frag mich schon wie man ein Schachbrett während einer Partie umwerfen soll. Die Dinger liegen doch eher flach auf dem Tisch als hochkant zu stehen. ;-)

     

    Und ja, ich denke dieses Gesetz ist schon etwas komisch aber vielleicht sollte es eher in die Richtung gehen das Lehrer nicht Facebook quasi zur Pflicht machen weil Unterrichtsmaterialien darüber verteilt werden. Ist mir in DK an einer Uni schon untergekommen (auch wenn es schnell wieder aufgegeben wurde).

     

    Aber ansonsten ist es doch jedem selbst überlassen wen ehr als freund ansieht und Lehrer sollte man im Umgang mit Kindern vertrauen könne. Oder was machen wir demnächst auf Klassenfahrten?

     

    my 5cent

  • B
    Bekannter

    Sie haben anscheinend keinen Einblick in die pädagogische Beziehung, die zwischen SchülerInnen und LehrerInnen vorliegt. Wenn doch, wüssten Sie, dass es eine klare Grenze zwischen dem Rechtsraum Schule und dem rechtsfreien Raum Facebook gibt. Sie wüssten auch, dass jemand, der sich professionell auf die Beziehung zu seinen "Edukanden" einstellt, das besondere Vertrauensverhältnis, das damit einhergeht, ohnehin nicht auf einer Plattform gefährden würde, die vom Vertrauens- und Intimitätsverlust lebt.

     

    Sie teilen allerdings diese mangelnde Einsicht mit einer Vielzahl (vornehmlich junger) KollegInnen - btw, ich bin 29. Dass der Gesetzgeber darauf mit Verboten meint reagieren zu müssen, ist in der Tat ein Armutszeugnis: Die Frage ist nur, für wen...

    • @Bekannter:

      Ich gebe Ihnen absolut Recht. Offensichtlich hatten zu viele Lehrer nicht das nötige Fingerspitzengefühl, was geht und was nicht. Als Erzieher in einer Jugendhilfeeinrichtung muss ich auch immer wieder erleben, dass Kollegen nicht in der Lage sind, die Folgen ihres Tuns verantwortungsvoll abzuschätzen. Ein Dienstgeber hat in solchen Fällen nur zwei Möglichkeiten: Die entsprechenden Mitarbeiter rausschmeißen oder eindeutige Regelungen treffen.