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Kommentar Facebook-AbstimmungKarikatur einer Wahlkabine

Kommentar von Frederic Valin

Was mag Facebook, dieses Nordkorea des Netzes, dazu bewogen haben, überhaupt über die Nutzungsbedingungen abstimmen zu lassen? Das Netzwerk ist alternativlos.

B isher war ich mir nicht sicher, wie scheißegal ich als Nutzer Facebook tatsächlich bin: Bin ich eher der Kieselstein im Sommerreifenprofil des Drittwagens, oder doch der Regenwurm unter der Hortensie im Nachbarsgarten? Jetzt bin ich mir sicher: Ich habe mich viel zu wichtig genommen.

Facebook tut so, als könnte man über Nutzungsbedingungen abstimmen. Irgendwo im schalldichten Keller der Seite, wo kein Mensch von selbst je hinfindet, darf man sich entscheiden zwischen beschissenem Datenschutz (altes Regelwerk) und quasi inexistentem Datenschutz (neues Regelwerk). Damit das Ergebnis bindend ist, müssen sich 30 Prozent aller Nutzer beteiligen; macht 270 Millionen Leute. Die Abstimmung läuft am Freitag aus, bis jetzt haben 280.000 verlorene Seelen diese Karikatur einer Wahlkabine aufgesucht.

Und von denen, die sich da eingefunden haben, weiß obendrein keiner, was da überhaupt zur Debatte steht. Die Änderungen werden begraben unter einer Lawine von verschachtelten Sätzen, redundanten Formulierungen und leeren Phrasen. Hinter jedem Paragrafen hätte man auch ein „Lass Dir das mal wurscht sein, ist eh zu kompliziert" setzen können.

Bild: Claudia Thomas
Frederic Valin

ist Autor der taz.

Was mag Facebook, dieses Nordkorea des Netzes, dazu bewogen haben, überhaupt über die Nutzungsbedingungen abstimmen zu lassen? Nun, es gibt ja immer wieder Diskussionen über deren Inhalt, zuletzt als klar wurde, dass Facebook Daten, auch gelöschte, viel länger speichert als angekündigt. Gut, sagt sich Facebook, heben wir halt die Fristen auf und sagen an einer Stelle, wo die Sonne nie hinscheint, dass wir jetzt einfach alles speichern. Und lässt uns das durch eine ungültige Wahl absegnen.

Hab ich gerade „Wahl" geschrieben? Man muss Facebook insgeheim doch Respekt zollen; man kannte solche Wahlen, die unliebsame Entscheidungen zum Schein an ein Volk oder Publikum delegiert haben und danach mit immer über 95 Prozent im Sinne der Strippenzieher entschieden wurden. Facebook dreht die Perversion der Beteiligung durch Wahl hier um einen entscheidenden Punkt weiter: Man muss nicht einmal mehr so tun, als hätte man eine Mehrheit. Es reicht, wenn man die Gleichgültigkeit auf seiner Seite hat.

Was hat Facebook auch zu verlieren? Die Nutzer vertrauen ihm zwar ihre Daten an, trauen tun sie ihm aber nicht. Facebook hat keine Glaubwürdigkeit, die es verspielen könnte. Es ist bisher nur alternativlos. Frustrierend für jene, denen der Datenschutz am Herzen liegt. Die haben, so lange Voodoo nicht funktioniert, da kaum eine Handhabe gegen.

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9 Kommentare

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  • N
    Nico

    @Alexander

     

    Falsch. Facebook bekommt nur die E-Mail-Adressen.

    Bei einem Googlemail-Account z.B. kann man bei Google die Kontakte herunterladen und anschließend diese Datei bei fb hochladen. D.h. Facebook hat keinen "unbeschränkten Zugriff", oder was auch immer du hier für Horrovisionen verbreiten möchtest.

  • M
    Manfred

    Schönes Bild mit der Zigarette im Mund..tolles Vorbild. Und wenn ihn das alles so stört warum ist er dann selbst bei Facebook und hat mit über 460 Freunden auch schon viel Zeit dort verbracht..Einfach abmelden.

  • A
    Alexander

    @slartibartfass: Doch dein Problem. Menschen mit denenn Du emails schreibst, geben diese Informationen Facebook preis und erlauben Facebook ihr Postfach nach Infos zu durchsuchen. Vorgeblich "um mehr freunde zu finden".

    Jede Email die du schreibst landet somit mit guter wahrscheinlichekeit AUCH OHNE FACEBOOKACCOUNT bei Facebook.

     

    Du hast ja vielleicht Glück und alle Emails und Infos nur mit Menschen ausgetauscht, die dannach nicht leichtfertig diese DATEN an FACEBOOK gegeben haben. Dann ist alles ok. oder?

     

    Ja und auch tausenden Webseiten werden "like-buttons" gemacht die ebenso dein Verhalten tracken und speichern. Irgendwann wird dann ggf noch eine Verknüpfung mit dir möglich.

     

    Facebook ist ANTIDATENSCHUTZ.

     

    AUCH OHNE FACEBOOK ist Facebook ein Problem. Jetzt auch neu in den Geschmacksrichtungen "Schufa" und "BND"

  • D
    Demokratie

    Das Demokratie-gläubigste Blatt in Deutschland zerlegt sich selbst ohne einen Hauch zu merken..

    Wirklich exakt alles was in diesem Artikel geschrieben steht kann man auch auf die "Demokratie" in Deutschland anwenden und findet genau dasselbe!

     

    Ich erinnere nur an die S21 Frage:

    „Stimmen Sie der Gesetzesvorlage „Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S 21-Kündigungsgesetz)“ zu?"

    Um den Artikel hier zu zitieren: „Lass Dir das mal wurscht sein, ist eh zu kompliziert".

     

    Also was wollen sie nun? Eine Demokratie aber bitte nur mit ihrer (der richtigen?) Meinung oder darf es gleich eine weitere Diktatur in Form der EUDSSR sein?

  • J
    Jörn

    Facebook ist kein kino.to bei dem man die Hintermänner erst ermitteln müsste. Es gibt Gesetze, Facebook verstösst dagegen und die Behörden sind untätig, obwohl Sitz und Geschäftsführer klar bekannt sind. Das ist dann sicher mehr ein Problem der Behörden als von Facebook.

    Sicher mögen die irischen Behörden beide Augen zudrücken, da sonst Facebook drohen könnte, in ein anderes Land in Europa umzuziehen. Nur schimpft man ungern auf die untätigen (korrupten?) irischen Behörden lieber auf die exhibitionistische Jugend und das Internet im Allgemeinen.

    Sicher gibt es auch offene Punkte bzgl. des Datenschutzes - was Facebook macht ist jedoch offen rechtswidrig - nur der Rechtstaat verfolgt lieber kleine Kopierer als Leute die mit Verstössen gegen den Datenschutz Milliarden verdienen.

  • S
    slartibartfass

    habe keinen facebook acount und werde mir auch keinen zulegen. Fertig. ansonsten das problem anderer leute.

  • AL
    Andreas Lotter

    Dem Grundtenor dieses Kommentars stimme ich zu - Facebook ist eine schreckliche Datenkrake. Zu behaupten es sei alternativlos (das Lieblingswort von Merkel seit 2008!) ist aber gerade in Deutschland falsch! Es gibt andere Ländern, in denen man wirklich nur die Wahl hat zwischen Facebook oder gar keinem sozialen Netzwerk. Aber in Deutschland gibt es Alternativen! Zum Beispiel www.wer-kennt-wen.de . Und gerade kritische Medien wie die TAZ könnten das Ihre dazu beitragen am gefühlten Monopol von Facebook etwas zu ändern indem Sie dort Ihre Präsenz stoppen und sich stattdessen eine Präsenz in einem alternativen Netzwerk wie WKW zulegen. Und die Reporten können privat diesem Beispiel folgen. Zuckerberg interessiert sich nämlich nicht für das was Sie hier so schreiben. Wenn Sie aber geschlossen seinem Netzwerk den Rücken kehren, das tritt ihn schon deutlich stärker.

  • A
    Alex

    Ich würde Facebook nicht als alternativlos bezeichnen. Für mich ist das Grundproblem bei sozialen Netzwerken eine Art winner-takes-all Situation: Die Wenigsten haben Bock, zwei oder drei Profile in verschiedenen Netzwerken zu Pflegen, also wandert irgendwann alles zum größten ab. Deswegen ist das StudiVZ fast tot, deswegen gab's bei Google+ erst einen run und nu is das auch wieder vorbei (wenn ich das den Medien bzw. der Internet-Häme richtig entnehme, bin da nicht angemeldet).

    Wenn es eine leicht zu bedienende App gäbe, in der man seine sozialen Netzwerke gebündelt verwalten kann, so dass man nur einmal etwas posten muss und eine Chatfunktion die Freunde aus allen Netzwerken in einer Liste führt wäre das Problem gelöst.

    Das Facebook bei sowas mitmacht bzw. nicht mit allen Mitteln versuchen würde das zu unterbinden ist allerdings unwahrscheinlich...

  • T
    Thomas

    Facebook ist nicht alternativlos! Wie wär's denn, seine Freunde - wie früher auch - von Angesicht zu Angesicht zu treffen?

     

    Daneben gibt's E-Mail, SMS, Anrufe usw.

     

    Mit den meisten Leuten, die man auf FB als "Freunde" addet, hat man doch im Real-Life (sollten alle mal probieren. Geile Grafik ;) ) wenig bis gar nichts zu tun...

     

    Thomas