Kommentar Fabrikbesetzung: Die Kehrseite der Globalisierung
Die Industrieproduktion in Südkorea verteuert sich. Billigere Konkurrenz und Missmanagement führen zu Entlassungen. Arbeiter und Gewerkschaft militarisieren sich. Das ist keine Lösung.
D ie Globalisierung frisst ihre Kinder. Die Erfolge der südkoreanischen Industrie, die sich auf niedrigere Löhne, geringere Sicherheitsstandards und wenige Arbeitnehmerrechte stützen konnte, haben jahrelang den Industrien in Japan, Westeuropa und Nordamerika zu schaffen gemacht.
Sven Hansen ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Das hat dort den Rationalisierungsdruck erhöht und zum Abbau von Belegschaften und ganzen Branchen geführt. Doch längst droht Südkoreas Industrie, wo die Löhne und Standards nicht mehr so niedrig wie früher sind, durch die preiswertere Konkurrenz aus China ein ähnliches Schicksal. Und Chinas Industrie wird schon von der Vietnams und Indiens bedrängt.
Die Ironie bei Ssangyong ist, dass bei dem südkoreanischen Konzern inzwischen Chinesen den Ton angeben. Dazu kommen Fehler im Management. Ssangyong hat seine Produktpalette nicht diversifiziert, ist nicht fit für eine Zukunft mit hohen Spritpreisen. Im Gegensatz dazu hat Südkoreas Branchenführer Hyundai Motor gestern ein Rekordergebnis vorgelegt, bedingt durch seine Profite in China und Indien.
Wie in ähnlichen Fällen sollen bei Ssangyong diese Fehler jetzt die Arbeiter ausbaden. Sie wehren sich zu Recht. Fraglich ist, ob ihre militanten Methoden, die auch Tote in Kauf nehmen, angemessen sind.
Hier schaukeln sich die konservative Regierung, der Konzern, verzweifelte Arbeiter und die militante Gewerkschaft gegenseitig hoch. Begünstigt wird dies durch eine machistische, ja fast schon militarisierte Arbeitskultur, die Kompromisse nicht zu kennen scheint. Regierung und Konzerne wollen die Krise nutzen, um mühsam erkämpfte Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Erneut rächt sich, dass die Globalisierung einseitig zugunsten des Kapitals geregelt ist und es keine globalen Standards für Arbeitnehmerrechte gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!