Kommentar Entwicklungshilfe: Rentenzuschlag statt Entwicklungshilfe
Die Entwicklungshilfe und der Forschungsetat werden zwar ausgestockt. Doch ihre Zusagen hält die Bundesregierung damit nicht ein.
S chade aber auch, dass die deutsche Wirtschaft derzeit boomt. Da lässt der Bundesfinanzminister 450 Millionen Euro zusätzlich für Forschungszwecke springen und noch mal 800 Millionen Euro für Entwicklungshilfe. Trotzdem verfehlt er das angepeilte Ziel, 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung auszugeben und 0,51 Prozent für Entwicklung. Nur ein statistischer Effekt, sagt die Regierung. Nicht unsere Schuld, wenn die gesamte Wirtschaftsleistung so stark steigt.
Ralph Bollmann ist Leiter der Parlamentsredaktion der taz.
Damit macht es sich die große Koalition allerdings zu einfach. Deutschland hat sich zu den Prozentzahlen international verpflichtet. Aus gutem Grund sind die Vorgaben an die Leistungskraft der Volkswirtschaft gekoppelt, denn jeder Staat soll nach Maßgabe seiner Möglichkeiten zum globalen Ausgleich beitragen. Zudem geht das Wachstum mit einer steigenden Inflationsrate einher, die ebenfalls zu kompensieren ist. Vor allem die steigenden Preise für Energie und Nahrungsmittel treffen die meisten ärmeren Länder hart. Und schließlich: Wer garantiert, dass in Zeiten lahmender Konjunktur die Spendierfreude größer ist? Wann, wenn nicht jetzt, soll die Regierung ihre Zukunftsinvestitionen für Entwicklung oder Forschung erhöhen?
Höchst bescheiden nimmt sich der Aufschlag für beide Haushaltsposten im Vergleich zu den Summen aus, die das Kabinett in jüngster Zeit für weit weniger zukunftsträchtige Entscheidungen verpulvert hat. So kostet der jüngst beschlossene Rentenaufschlag, den die Betroffenen im Geldbeutel kaum spüren, in drei Jahren mehr als zwölf Milliarden Euro. Die vielfach geforderte Wiedereinführung der Pendlerpauschale schlüge selbst in reduzierter Form mit zwei Milliarden Euro zu Buche.
Dabei sind solche Versorgungsleistungen doppelt unsozial. Sie kommen den Besserverdienenden weit stärker zugute als den wirklich Armen, außerdem gehen sie auf Kosten der Zukunft. Aber es regiert die Logik des Wahlkampfs: Die potenziellen Empfänger von Entwicklungshilfe können hierzulande nicht wählen, auch die Forscher von morgen gehen im September 2009 noch nicht an die Urne. Da sind Geldgeschenke fürs Wahlvolk allemal kommoder.
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