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Kommentar Entlassener Deutsch-AfghaneErgebnis von Schnüffelei

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Bundesregierung hat etwas aus den Fehlern im Fall Murat Kurnaz gelernt.

W er wissen will, welche Gefahren ein präventiver Sicherheitsstaat mit sich bringt, kann dies schon heute anhand der USA studieren. Der Wuppertaler Gholam Ghaus Z. wurde bei einem Verwandtenbesuch in Afghanistan festgenommen. Angeblich hatte er versucht, ein US-Militärlager auszuspionieren. Der psychisch angeschlagene Frührentner verstrickte sich in Widersprüche. Deshalb wurde er von US-Kräften monatelang inhaftiert, ihm drohte schon der Transport nach Guantánamo.

Die gute Nachricht ist: In Deutschland gelten andere Maßstäbe. Die Bundesregierung hat sich für die Freilassung von Z. starkgemacht. Er wird in Deutschland jetzt zwar medizinisch untersucht, ist aber ansonsten ein freier Mann.

Für Z. sprach, dass die deutschen Sicherheitsbehörden keinerlei Hinweise auf islamistische Verstrickungen entdeckten. Insofern kann die Schnüffelei von Polizei und Geheimdiensten durchaus mal nützlich sein. Was aber, wenn Z. gelegentlich in einer verdächtigen Moschee gebetet hätte? Auch dies hätte sicher keine Präventivhaft gerechtfertigt. Aber wäre der Einsatz der Bundesregierung dann genauso groß gewesen? Man kann es für Außenminister Steinmeier nur hoffen.

Immerhin arbeitet Steinmeier noch an seiner eigenen Resozialisierung. Denn er trägt die Verantwortung dafür, dass der in Guantánamo festgehaltene Deutschtürke Murat Kurnaz 2002 nicht nach Deutschland zurückkehren konnte - und weitere dreieinhalb Jahre im US-Lager schmoren musste.

Der Fall Kurnaz hat aber auch die deutsche Öffentlichkeit sensibilisiert. Heute ist jedem klar, dass es ein abscheuliches Verbrechen ist, Menschen ohne rechtsstaatliches Verfahren einfach jahrelang einzusperren. Es ist deshalb auch nicht mehr sonderlich mutig, sondern Ausdruck von Common Sense, sich für Betroffene einzusetzen. Deutschland soll sich nicht wie ein Schurkenstaat verhalten. Die Empörung über die USA mag zwar auch aus alten - linken wie rechten - antiamerikanischen Ressentiments gespeist sein. Aber in der Sache ist sie berechtigt und hilft, ähnliche Exzesse in Deutschland zu verhindern.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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1 Kommentar

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  • A
    Achnee

    Was soll denn wieder Ihre Hetze gegen den "Sicherheitsstaat" und gleichzeitig gegen die USA ?! - Afghanistan, der Stationierungsort diverser Armeebataillone ist nicht irgendein Land, sondern vornehmlich Kampfgebiet.

    Dies nicht beachten zu wollen und oberflächlich auf Unscheinbarkeit zu vertrauen, hat selbst im Friedensgebiet BRD (wieviel ? US-) Soldaten das Leben gekostet. - Was wollt Ihr mit solch einem Volksempfinden-Liebedienertrick den Lesern noch einreden - "mit deinem Denken ziehst Du das Böse an ?!" - Ach deshalb haben wir das Wettrüsten der 70er/80er Jahre überlebt ?!

    - Nee, nee : Wer sich auf ne Militärbasis im Djihadland begibt und hat als Nichtangehöriger verdächtige Gegenstände in der Tasche, muß sich ähnlich einem Taliban-Bussfahrer Kurnaz auf einige Zeit Haft gefasst machen, ohne rechtsstaatliches Verfahren, - besser noch, weil besser versorgt, in Guantanamo.

    Nur müssen es nicht unbedingt Jahre statt Monate sein oder wie jetzt nicht Monate statt Wochen oder Folter statt ruppiger Einschüchterung; ansonsten heißt Großzügigkeit nur eigene Tote.

    - Wer das realitätstüchtig wie Christian Rath nicht wissen will handelt aus purem Antiamerikanismus, Hass oder gönnt selbst den "kulturschützenden" BW-Soldaten jeden Toten.

    - Als Bundeswehrsoldat in Afghanistan in der Truppenbasis auf einen Ch. Rath treffend, würde ich erstmal diesen verhaften, nur zum Eigenschutz. Vielleicht ist er ja zur Redaktionskonferenz wieder frei.