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Kommentar EnergienetzeDie Trasse ist nicht alles

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Wer gegen eine Stromautobahn kämpft, sollte wissen, wer für die neuen Trassen verantwortlich ist: Lage und Dimension der klassischen Kraftwerke. Hier muss der Umbau beginnen.

D ie Argumentation klingt schlüssig: Baut man weniger Windkraftanlagen in der Nordsee und dafür mehr Ökokraftwerke im deutschen Süden, dann werden einige Stromtrassen von Nord nach Süd verzichtbar. Die Praxis aber ist komplexer. Denn es geht nicht einfach darum, dass der Norden so viele Kilowattstunden erzeugt, wie er verbraucht, und der Süden so viele, wie er verbrät. Es geht darum, dass zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort Verbrauch und Angebot in Balance stehen müssen.

Wer neue Stromtrassen vermeiden will, sollte daher lieber an anderer Stelle ansetzen, wo mehr zu bewirken ist: Strom aus fossilen Energien darf künftig nur noch verbrauchernah in flexiblen Kraftwerken erzeugt werden. Wie viel politische Arbeit in diesem Punkt noch zu leisten ist, haben die Pläne zum Bau eines riesigen Kohlekraftwerks im norddeutschen Brunsbüttel gezeigt, die erst am vergangenen Donnerstag gestoppt wurden.

Das Projekt war gleich doppelt unsinnig: Erstens sollte es an einem Standort im Norden gebaut werden, wo der Strom nicht gebraucht wird. Und zweitens ist die Kohleverstromung eine Technik, die nicht mehr in die Zeit passt, weil die Anlagen sich nicht ausreichend flexibel steuern lassen. Das Kraftwerk hätte immer wieder das Netz mit Strom verstopft. Werden stattdessen im Süden dezentrale, flexible Gaskraftwerke gebaut, hat man damit die Netze zwischen Nord und Süd zweifellos entlastet.

Bild: taz
Bernward Janzing

ist Autor der taz.

In diese Richtung muss es also gehen: Wer gegen eine Stromautobahn in seiner Heimat kämpft, sollte erkennen, dass nicht die Offshore-Windkraft zuvorderst für die neuen Trassen verantwortlich ist, auch wenn sie dem Ideal der dezentralen Erzeugung eklatant zuwiderläuft. Verantwortlich sind vielmehr Lage und Dimension der klassischen Kraftwerke – hier muss ein Umbau beginnen.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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3 Kommentare

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  • SI
    Stein im Wald

    Vergessen Wir nicht, dass diejenigen die ein Gros der Energie innerhalb der Bundesrepublik verbrauchen - nämlich die Industrie bisher keinen Cent in das EEG einzahlen brauchten ( und das seit 20 Jahren !) Soviele Zigaretten kann ich garnicht rauchen, um damit auch nur die unökologischen Folgen eines Autofahrers abzumildern !!

  • PS
    Peter S.

    Hallo Waage,

     

    Sie scheinen ja der absolute Brennstoffexperte zu sein. Haben Sie aktuelle Brennstoffanalysen in petto oder lassen Sie hier gerade dumpfe Propaganda ab, Heer/Frau Expert(e)(in)?

  • W
    Waage

    Während alle auf die Restlaufzeiten der AKW starren, versucht die alte Stromwirtschaft noch möglichst viele der projektierten Kohlekraftwerke ans Netz zu bringen die wir dann 35 Jahre an der Backe haben und für die 15 GW Grundlast (have to run) reserviert werden.

    Hier entstehen auf dem letzten Drücker teure Doppelstrukturen, welche per Umlage auf den Strompreis gepackt werden und den EE in die Schuhe geschoben werden. Aber steht ja im Artikel schon alles schön beschrieben.

     

    Die SPD schwenkt auch gerade aus falsch verstandener Nostalgie wieder auf Kohle - voll daneben:

     

    Wenns wenigstens noch unsere eigene Kohle wäre (beste schwarzglänzende Steinkohle aus den Tiefen der westfälischen Bucht) aber nein, übelste Import"steinkohle" - absolut minderwertige Ware. Von der Farbe kaum von Braunkohle zu unterscheiden.

    Am Besten den Dreck (an dem auch noch Blut klebt) direkt vom Schiff mit langen Förderbändern vom Überseehafen ab ins Kraftwerk wie in Rostock.

     

    Leute, vergesst mal für einen Moment die paar AKW die wir noch haben: den Neubau von Kohlekraftwerken zu verhindern hat in den nächsten fünf Jahren oberste Priorität!