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Kommentar EnergiegipfelVerlierer unter sich

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Altmaiers Strompreisbremse ist Geschichte. Aber auch die Opposition kann sich auf keinen gemeinsamen Plan einigen. Was bleibt ist Wahlkampf.

D ass Umweltminister Peter Altmaier beim Energiegipfel im Kanzleramt zu den Verlierern gehörte, ist keine Frage mehr. Schließlich war das wichtigste Ergebnis, das Angela Merkel nach den Verhandlungen mit den Länder-Ministerpräsidenten am späten Donnerstag Nachmittag verkündeten konnte, ein Stopp für Altmaiers Plan, die Vergütung für bestehende Ökostrom-Anlagen nachträglich zu kürzen.

Der Umweltminister hat sich verkalkuliert: Mit seiner groß angekündigten Strompreisbremse wollte er der angeblich übermächtigen Sorge der Menschen vor weiter steigenden Kosten entgegentreten – um im Wahlkampf erklären zu können, er zumindest habe alles versucht, um den Preisanstieg zu verhindern.

Doch die Sorge der Menschen, dass mit Altmaiers Plänen die ganze Energiewende gestoppt würde, war deutlich größer als die vor steigenden Preisen. Das hat auch die Kanzlerin gemerkt – und ihren Minister zurückgepfiffen.

Altmaier ist aber beileibe nicht der einzige Verlierer. Der Energiegipfel hat gezeigt, dass sich auch die rot-grünen Opposition keineswegs einig ist: Die völlig überzogenen Ausnahmen für die Industie bei der Ökostrom-Umlage hat sie im Vorfeld zwar lautstark kritisiert. Einen konkreten, gemeinsamen Vorschlag, wer denn auf wie viel verzichten soll, sind SPD und Grüne aber schuldig geblieben.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Auch bei den Ausbauplänen für Windkraft im Meer, die viele Experten für überdimensioniert halten, sind ihnen die Interessen der Küstenländer wichtiger als ein durchdachtes Gesamtkonzept.

Und Merkel ist beim Gipfel ebenfalls gescheitert. Viel zu lange hat sie zugesehen, wie die Energiewende, also das zentrale Projekt ihrer Regierung, zwischen Altmaier und dem FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler zerrieben wurde.

Eine wirkliche Entscheidung über die Zukunft der Energieversorgung wird erst nach der Bundestagswahl, wenn die Sachfragen nicht mehr völlig von Wahltaktik dominiert werden.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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5 Kommentare

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  • I
    irmi

    warum wird die Industrie permanent geschützt. Die machen Millionen Umsatze durch Billigarbeitskräfte und dann bekommen sie den Strom auch noch fast geschenkt und wer zahlt das, natürlich wieder die Kleinen.

    Alle die Entscheidungen der Regierenden zum Wohle des Volkes ?

  • V
    vic

    @ Hr. Friedrich

    schön geklaut.

    Aber die Energiewende ist mir in der Tat ein paar Euro in der Woche wert. Und ich bin weit weg von 8000Euro/montl. Sehr weit weg sogar.

    Mit dem Antrieb für ihr KFZ wird sich das übrigens wiederholen.

    Außerdem wird Erneuerbare Energie über die Strombörse künstlich teuer gemacht und ist trotzdem heute schon günstiger als Fossil und Atomstrom.

    Ich werde es warm haben, während sie auf die letzten Beschaffungskriege angewiesen sind.

  • HF
    Hr. Friedrich

    "Doch die Sorge der Menschen, dass mit Altmaiers Plänen die ganze Energiewende gestoppt würde, war deutlich größer als die vor steigenden Preisen."

     

    Was für ein Humbug. Das mag vllt. auf alle zutreffen, die ein Monatseinkommen von 8000 Euro haben, aber der Durchschnittsbürger sieht das den Umfragen nach etwas anders. Aber bitte, Ökowahn macht ja bekanntlich nicht nur blind, sondern auch arm.

     

    Erst wenn Eure Windräder den letzten Vogel schreddern, das letzte Solarpanel fertigsubventioniert und auf dem letzten Fußballfeld Biosprit angebaut wird, werdet ihr merken, dass man Eure Energiewende nicht essen kann.

  • MK
    Malte Kreutzfeldt

    @hoffmann: Ja, das hat Trittin erwähnt. Aber im gemeinsamen Papier der rot-grünen Bundesländer war bei den Industriesubventionen nur von "bis zu 700 Millionen Euro" die Rede. Eine "abschließende Festlegung des Volumens" wurde nicht genannt, konkrete Branchen oder Staffelungen ebenfalls nicht. An diesem Punkt war die Vorlage der Regierung eindeutig konkreter.

  • H
    hoffmann

    Diesen Artikel versteh ich jetzt nicht ganz? Hat Trittin nicht erwähnt daß deren Einsparvorschläge 1,6 Mrd Euro gebracht hätten u. die Industriesubv. zum Ziel hatten?

     

    Richtig ist daß rotgrün die unsinnige OffshoreWindkraft nur langsamer ausbauen wollen. Korrekt wäre diese komplett zu stoppen.

    Mit demselben Mehrkosten könnte man 3-4mal mehr Windkraft an Land bauen. Und gleichzeitig Stromnetze u. Übertragungsverluste einsparen.