Kommentar Emma-Verbrennung: Piratenpartei für Frauenvernichtung

Die Piraten haben es geschafft: Nach viel Wirbel um Neonazis und Vetternwirtschaft stoßen sie alle mit der Verbrennung der "Emma" wieder vor den Kopf. Nicht schlecht.

Ging die Verbrennung auch wieder nur aufs Konto eines einzelnen Fähnchens im Wind? Bild: dpa

Das stand aber nicht im Parteiprogramm, die sind ja fast schlimmer als die somalischen Piraten, denn wer Emma verbrennt, der verbrennt auch bald Frauen.

Als die Piratenpartei schwor, "postgender" zu sein, da hat natürlich jeder gedacht: Klar, dieser ganze verquaste Amiquatsch - post damit, und sowieso: wenn man post hört, dann ist eigentlich schon alles klar: Das ist wieder eins von diesen neumodischen Quatschwörtern, auf die die abgedatete Clubjugend so steht.

Genaugenommen geht ohne "post" gar nichts mehr. Dass die Piratenparteikader jedoch bei "postgender" im Sinn hatten, gleich die Hälfte der Menschheit auszurotten bzw. erst mal vor den Kopf zu stoßen... Alle Achtung!

Das Münchner Mutmagazin Focus schreibt, nachdem führende Funktionäre angeblich aus Wut über den Emma-Artikel "Frauen im Boot bringen Unglück", in dem ihr parlamentarischer Piratenverband gendermäßig wüst verunglimpft wurde, ein Exemplar der Emma-Ausgabe verbrannte hatten: "Textverbrennung!" - "kein Fettnäpfchen", sondern: "Skandal".

Da haben es "die Piraten" (Bild), von denen die Hälfte nebenbei bemerkt Landratten sind, also wieder mal geschafft - dank Twitter. Erst duldeten sie angeblich halbe Neonazis in ihren Reihen, dann hievten sie laut dem Spiegel-Bericht "Fluch der Akribik" Freunde von Abgeordneten in wichtige Funktionen, daneben ging es parteiintern auch noch um "mutmaßliche Nötigung" und Kinderpornographie auf dem "Piratenpad" (Stern), schließlich wurden alle Parteimitglieder gezwungen, täglich "Club Mate" zu trinken, die Inanspruchnahme ihrer Büros im Abgeordnetenhaus als "Occupy"-Bewegung zu posten, und - mindestens die Wutbürger - nicht von den Sitzungen auszuschließen, wobei immer noch Uneinigkeit über den zu erwartenden Ansturm von Querulanten aller Couleur und Problemkieze besteht.

Auch dass ihre parlamentarische Kampfgruppe lieber twittert als facebooked wurde - wenigstens im Neuköllner Schillerkiez (21%) - übel vermerkt. Dort - in der "Tatort"-Lounge "Lange Nacht" - ist man sich übrigens einig, dass die Partei mit der Emma-Verbrennung bloß eine Attacke gegen den Holzjournalismus geritten habe.

Gegen die Internet-Ausgabe des "politischen Magazins von Frauen" aus Köln habe niemand etwas. Es gehe darum, den Auftritt der überwiegend jungen Online-JournalistInnen gegenüber den Offlinern in den traditionellen Medien - "den alten Säcken" - zu stärken.

Unter der Hand verriet man mir jedoch, dass man diese eindeutige Interpretation des "Events" der mit der verwickelten Postgender-Dekonstruktion allemal vorziehe. Und überhaupt wisse man gar nicht, was diese ganze Aufregung überhaupt soll. Aber das werde man auf der kommenden Klausurtagung in Mecklenburg alles klären - "ohne Streaming, ohne Interviews, ohne Öffentlichkeit". Im übrigen war "es nicht die Partei, sondern ein einzelnes Mitglied," von dem man sich bereits distanziert habe - auf Twitter.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass ein Minderheitenvotum in der "Langen Nacht" dahinging, die Schwulen in der Partei für diese "Sauerei" verantwortlich zu machen, "weil die so frauenfeindlich sind". Einig war sich die Basis dort hingegen, dass die "Missy" im Grunde ja auch nicht viel besser sei, obwohl die immerhin einen "Piratenweib-Blog" eingerichtet habe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

geb. 1947, arbeitet für die taz seit 1980, Regionalrecherchen, ostdeutsche Wirtschaft, seit 1988 kulturkritischer Kolumnist auf den Berliner Lokalseiten, ab 2002 Naturkritik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.