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Kommentar ElterngeldOnkelhaftes Misstrauen

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

CDU-Fraktionschef Kauder möchte nicht nur das Elterngeld sondern auch die Arbeit der Familienministerin prüfen. Noch steht die Kanzlerin hinter Kristina Schröder.

S o schnell geht das: Kaum sinkt die Geburtenrate mal um 2,2 Prozent – schon wird laut gefragt, ob die Familien dieses Landes nicht dankbar genug sind für die sozialen Segnungen, derer sie teilhaftig werden. Obwohl jährlich 5 Milliarden Euro Elterngeld gezahlt werden, wurden im vergangenen Jahr 15.000 Kinder weniger geboren. Das schreit doch geradezu nach Kürzungen, oder?

Unionsfraktionschef Volker Kauder hat im Interview mit der Süddeutschen Zeitung nun gesagt, man werde sich „in der nächsten Legislaturperiode das Elterngeld und seine Wirkung noch mal anschauen müssen“. Seine Bemerkung impliziert zweierlei.

Zum einen die Überzeugung, dass die Union auch nach dem September 2013 in Regierungsverantwortung stehen wird. Und zum anderen scheint es dem Fraktionschef opportun, die Arbeit der amtierenden Familienministerin zu prüfen. Seine Ankündigung offenbart onkelhaftes Misstrauen.

Bild: taz
ANJA MAIER

ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.

Schon wahr, Kristina Schröder macht keine gute Figur. Mit ihrem geplanten Betreuungsgeld, einer Art Kitafernhalteprämie, versucht die CDU-Ministerin darüber hinwegzutäuschen, dass die Bundesregierung den rechtlich verbrieften Anspruch der Eltern auf einen Kindergartenplatz ab 2013 nicht garantieren kann. Zugleich setzt sie damit ein Zeichen an WählerInnen, die noch dem bundesrepublikanischen Familienbild des 20. Jahrunderts anhängen.

Bislang sichtbarster Ausdruck der Geringschätzung für Schröders Betreuungsgeld war vor drei Wochen die gescheiterte erste Lesung im Bundestag. Abgeordnete, auch aus der Koalition, blieben einfach fern.

Dennoch geht Kristina Schröder unbeirrt ihren Weg. Sie weiß: Kommt es Spitz auf Knopf, steht die Kanzlerin hinter ihr. Bisher jedenfalls. Dass der Fraktionschef diesen Konsens unterläuft, darf sie als Warnsignal verstehen.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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6 Kommentare

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  • S
    Susanna

    @heimchen am herd:

    also ich finde deinen beitrag nicht so schlecht, aber ich möchte dennoch vorsichtig anmerken, dass ich es als selbstständige mit einem selbstständigen partner hinbekommen habe, seit der geburt unserer tochter beruf und familie unter einen hut zu kriegen. wir arbeiten beide. wir kümmern uns beide. und wir haben krippen- bzw. kitabetreuung. wir bringen unsere kleine abends ins bett (das geht auch, wenn man berufstätig ist:-) und wir machen viele schöne sachen zusammen und haben viel gemeinsame zeit.

    Warum wird hier eigentlich immer das eine gegen das andere ausgespielt?

    die streichung des erziehngsgeldes ist natürlich eine riesensauerei, aber deswegen sind doch krippenplätze nicht automatisch etwas schlechtes.

    es gibt viele daheimbleib-eltern, die ihre kinder total überglucken und es gibt workaholics mit kindern, die nicht mehr alle tassen im schrank haben. idioten gibt es immer.

    es gibt aber auch sehr viele verschiedene erfolgreiche und beglückende lebensentwürfe, die nicht ständig miteinander konkurrieren müssen, um existieren zu dürfen.

  • S
    Sandra

    Finanzielle Leistungen beeinflussen die Geburtenrate nur sehr gering. Viel entscheidender für zukünftige Eltern ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (z.B. Kinderbetreuung). Einen interessanten Artikel dazu von Prof. Dr. Wolfgang Wiegard gibt es auf http://www.atkearney361grad.de/2012/07/09/finanzielle-forderung-von-familien-2-2/

  • S
    Sandra

    Fianzielle Leistungen beeinflussen die Geburtenrate nur sehr gering. Viel entscheidender für zukünftige eltern ist die Vereinbarkeit von FAmilie und Beruf (z.B. Kinderbetreeung). Einen interessanten Artikel von Prof. Dr. Wolfgang Wiegard gibt es auf http://www.atkearney361grad.de/2012/07/09/finanzielle-forderung-von-familien-2-2/

  • S
    SchnurzelPu

    Kann mich Heimchen am Herd nur anschließen. Besserverdienende vermehren sich ausreichend. Wozu da noch Milliarden reinblasen. Die ersten drei Jahre brauchen Kinder sehr viel Liebe und zwar die der Eltern. Beider. Wenn ich einen Bericht aus Finnland sehe, in dem eine 24 Stunden Kita vorgestellt wird, wird mir schlecht. Da ist es besser die Kinder mit in die Fabrik an den Webstuhl zu nehmen.

    Das Modell von Herrn Henkel (im Kinderheim aufgewachsen) die Akademikerkinder vom Personal aufziehen zu lassen führt auch nur zu einer Neuauflage der RAF - einziger Unterschied, der Parteitag der Grünen wird weggebombt werden.

    Kitaausbau ok, für über dreijährige, aber nur, wenn genügend geeignete Erzieher verfügbar sind.

  • A
    Alta

    den Kommentar finde ich so ein wenig typisch für deine Generation. Im Wirtschaftsglück und der Werbeüberfrachtung geboren, stellt sie eigentlich garnichts großes mehr in Frage, im Prinzip ist unser Leben wohlstandsmäßig gut geregelt, nur hier und da ein Pflästerchen....ich weiß schon warum ich jetzt gerne alt werde......traurig, das alles.

  • HV
    heimchen vom herd

    Hätte mich gewundert, wenn mal ein Kommentar zur Familienpolitik gekommen wäre, ohne auf Leute einzudreschen, die ihren Kinder die institutionelle Betreuunng nicht vor dem 3. Geburtstag zumuten wollen.

     

    Ich deute die Sache mit dem Elterngeld ganz anders:

    Nämlich das Erziehungsgeld wieder anstelle das Elterngeldes wieder einzuführen. Das war nämlich das was nun als "Betreuungsgeld" so wahnsinnig viel Furore macht, nämlich schon teilweise inklusive. Denn es gab bis zum 3. Lebensjahr mind. 300 Euro monatlich.

     

    Natürlich profitieren durch das Elterngeld vorallem gutverdiendende, daher wird es in den Green Econonomy Kreisen ja so geschätzt.

     

    Es wurde 2007 sehr wohl mit demHinweis eingeführt Akademikerinnen zum Kinderkriegen zu bewegen.

    Das wird nun verschwiegen? Hat nicht geklappt.

    Denn- und nun liebe BetreuungsgeldgegnerInnen- das ist auch für euch:

     

    Kleine Kinder machen nämlich auch bei der "besten" GANZTAGSs Außerhausbetreuung eine Menge Arbeit. Sie sind krank ( wenn sie in die Krippe gehen sogar noch öfters), sie fordern Aufmerksamkeit ( wenn sie in die Krippe gehen sogar noch intensiver, weil sie ja wenig Mama und Papa haben dafür aber viel zu viel und viel zu laute Gruppensituationen). Zudem sind Kinder konservativ ( hängen auch dem Familienbild des 20. Jhdts nach) und ziehen nicht gerne um ( als dem Job der Eltern hinterher) und brauchen besonders zum Einschlafen viel Mama, auch wenn das noch wichtige Gespräche im Job wären.

     

    Kinder sind- egal wie man es dreht und wendet- eine Karriererisiko. Und je flexibler man im Job zu sein hat, desto mehr.

     

    Das ist vielleicht der Grund, warum noch immer die armen Familien mehr Kinder bekommen, obwohl man ihnen das Erziehungsgeld gestrichen hat und das Betreuungsgeld nicht gönnt.

     

    Aber Frau Maier, soweit denken sie in ihrer ideologischen Verbrämtheit vielleicht nicht?

     

    Kennen Sie überhaupt Menschen, die durch die Einführung des Elterngeldes finanzielle Nachteile gegenüber dem Erziehungsgeld bekommen haben?

     

    Ich kenne sehr sehr viele und komischerweise sind fast alle meine Bekannten für das Betreuungsgeld.

     

    Es wäre sehr gut wenn eine so wachstumskritische Zeitung wie die TAZ endlich mal mit dem Märchen aufhören würde, dass Beruf und Familie zumindest in den Kleinkindjahren - nur durch eine Ausweitung des Krippenangebotes zu vereinbaren wären.

     

    Warum sollte es auch? Blöde Jobs ( mit der man und frau ganz selbstbstimmt und selbstverwirklichend )die Erde kaputtmachen könne, wird es immer noch geben, die Kinder werden schneller groß als die nächste TAZ in den Druck geht.