Kommentar Edathy und Justiz: Im Zweifel für den Staatsanwalt
Verglichen mit der Arroganz Edathys und der Verlogenheit Oppermanns gibt die Justiz ein gutes Bild ab. Doch: Besser laufen könnte es natürlich immer.
D ie Affäre Edathy ist zu Ende! Sie ist zu Ende, kapiert?!
Schon klar. Doch selbst wenn man im allgemeinen Abschlussfuror nichts als die schmutzige Absicht der Großkoalitionäre und der medialen Realpolitiker erkennen kann, schnellstmöglich zu ihrer tristen Tagesordnung zurückzukehren, sollte man den Moment nicht verstreichen lassen, um Gewinner und Verlierer der Causa festzuhalten.
Gewinner ist zweifellos die Staatsanwaltschaft. Nach Jahrzehnten, in denen man nur eingeschränkt von einer dritten Gewalt in der Bundesrepublik sprechen konnte, schöpft sie langsam Mut. Couragierte Staatsanwälte schätzt man hierzulande allerdings nur, wenn sie im Ausland tätig sind, gegen Berlusconi zum Beispiel.
Dessen Traum war immer das deutsche Rechtssystem, in dem ein Innenminister zu erfahren hat, gegen wen so gerade ermittelt wird. In Italien sind Staatsanwälte unabhängig – und zwar nicht nur von der Exekutive, sie sind auch nicht in ein internes hierarchisches Rechenschaftssytem eingebunden. Davon sind wir Lichtjahre entfernt, aber die Hoffnung stirbt ja immer zuletzt.
Apropos: Wer nun den sozialen Tod über Sebastian Edathy verhängt sieht, mag recht haben, darf aber nicht vergessen: Edathy wusste, dass er eine – mindestens politische – Zeitbombe darstellt. Jetzt, da die Dinge offen liegen, müsste er endlich sprechen. Stattdessen versteckt er sich, wirft mit Beschuldigungen um sich und hört nicht auf, andere für sein Versagen verantwortlich zu machen.
Dass schließlich die SPD auf einen Thomas Oppermann nicht verzichten zu können meint, zertritt die gerade zart gesprossene Hoffnung auf eine Erneuerung der Partei. Mit diesem unfähigen und verlogenen Intriganten will man den Euro retten und Afrika befrieden?
Was bleibt, ist eine mafiöse Regierungsmannschaft, der man in jedem Detail ihres Wirkens mit größtem Misstrauen begegnen muss. Wenn man sich an die Affäre Edathy dafür bis 2017 erinnert, sie hätte wenigstens ein Gutes gehabt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers